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21 Savage: I Am > I Was (Albumkritik)

 

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21 Savage: I Am > I Was (Epic)

 

 

Die Bezeichnung “mumble rap” wird zumeist abfällig verwendet, um eine neue Generation von MCs mit toten Augen zu beschreiben, aber 21 Savage verwandelt Monotonie in eine Tugend. Im Vergleich zu seinen früheren Werken ist eine leichte Steigerung zu bemerken, was die Musikalität seiner Raps anbelangt, ganz besonders auf dem an Drake erinnernden Track „Out vor the Night“, aber über weite Strecken setzt der Star aus Atlanta über seine bereits bekannte dominante Stimme: eine äußerst abgestumpfte, ermattete Kadenz, bei der die Tonhöhe einer jeden Zeile gegen Ende en wenig abfällt, was auf ein Haupt hindeutet, der stets gesenkt bleiben muss.

 

Er bietet viele sehr durchschnittliche Zeilen – fast so anstößig wie die zurecht kritisierte Formulierung “Jewish money” in „ASMR“ ist die Schwäche von “you get burned like toast” als Gleichnis -, aber seine eingängigen Flows entfalten eine gerade zu magnetische Wirkung, vor allem in Kombination mit der durchwegs brillanten Produktion von Metro Boomin, Kid Hazel und anderen. „A&T“ erfreut mit langsamem Miami-Bass, „A Lot“ bietet zerstückelten Soul, traurige Synthesizer-Akkorde fetten „Pad Lock“ auf. Und es sind einige starke, plakative Zeilen zu hören: “Fuck 40 acres and a mule / They got 50 racks and a brand new Sig” fast düster zusammen, wie die USA ihre schwarzen Bürger seit dem Ende der Sklaverei sträflich im Stich gelassen haben.

 

Sein Bruder und einige seiner Freunde wurden während seiner Kindheit getötet und Savage selbst wurde nicht weniger als sechs Mal angeschossen. Diese Gewalt schwappt auch in seine Tracks über, ob komisch – er droht zum Beispiel damit, jemandes Goldfisch zu ermorden, und prahlt damit, sein AK47 hätte zuvor Osama bin Laden gehört – oder bewegend, wie etwa auf „Monster“, wo er eingesteht, dass “all the money in the world won’t stop no cry”. Da er ständig über Schusswaffen rappt, obwohl er bereits seit einigen Jahren als Rapper erfolgreich ist, könnte man ihm vorwerfen, dass er die Gewalt seines früheren Lebens nutzt, um sein Publikum in Erregung zu versetzen. Aber angesichts der Schwere seines Traumas wirkt seine textliche Obsession traurig symptomatisch. Savage bleibt gefangen und scheint dazu verdammt, die Waffen, die ihn fast töteten, zum Fetisch zu machen und sich immer wieder mit seinem Trauma zu befassen, um es hoffentlich langsam zu verarbeiten. Psychologen könnten auch viel daraus machen, wie Savage stets als Objekte betrachtet und auf Abstand hält – “I slept on my back just so I ain’t have to cuddle” – und sich allem Anschein nach zu jenen hingezogen fühlt, die ihre Partner betrügen.

 

Der Albumtitel deutet darauf hin, dass er anfängt, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen und sich der Zukunft zuzuwenden, und in „Letter 2 My Momma“ erteilt er protzigem Schmuck eine Absage und bekräftigt seine Loyalität gegenüber seinen drei Kindern. Aber ihre Kraft bezieht Savages Musik nach wie vor in erster Linie aus der Kluft zwischen dem, was er empfinden sollte, und dem, was er tatsächlich fühlt; diese brillante stimmliche Kadenz lässt erahnen, dass er die Autos und Frauen seines neuen Lebens mit abgestumpfter Distanz, ja Widerwillen betrachtet.

 

 

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