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Richard Youngs: Memory Ain't No Decay (Albumkritik)

 

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Richard Youngs: Memory Ain't No Decay (Wayside & Woodland)

 

 

Sehr viele Musiker quälen sich herum, schwanken unentschlossen hin und her und nehmen alle möglichen und unmöglichen Medikamente, was zur Folge hat, dass sie das Schreiben ihres nächsten Albums immer weiter verschieben, mitunter so lange, dass sich kaum noch jemand an sie erinnert. Richard Youngs macht sich einfach ans Werk. Der in Schottland lebende Singer-Songwriter ist seit den frühen 90ern aktiv und hat allein in den letzten zwei Jahren 17 Alben veröffentlicht (wobei seine verschiedenen Kollaborationen wie die brillante schottische Disco-Supergruppe Amor nicht mitgezählt wurden) und bringt in diesem Monat drei weitere heraus, wobei auf Memory Ain’t No Decay bald Onder/Stroom, eine Zusammenarbeit mit den niederländischen Electronic-Produzenten Frans de Waard und Peter Johan Nÿland, und Dissident, ein zweites Soloalbum, folgen. Seine tremolierende, doch durchdringende Stimme ist ein heller silberner Faden durch die britische Musik; sein Gesangsstil, der irgendwo zwischen Konversation und religiösem Segen anzusiedeln ist, erinnert an alles von Matrosenlieder bis hin zu gälischen Psalmen, von Mark E Smith bis zu Paul Buchanan von The Blue Nile. Am ehesten könnte man ihn mit dem Titel seines 2005 erschienenen Albums The Naive Shaman beschreiben.

 

Memory Ain’t No Decays drei Songs beginnen mit dem umwerfenden 15-minütigen „Edge of Everywhere“. Eine Bluesgitarre kratzt rhythmisch unter einer sanfter, mit Hall bearbeiteten elektrischen Melodie, eine Kombination, die beinahe balearisch wäre, würde sie nicht immer wieder ins Stolpern und aus dem Takt geraten – eine Technik, die dafür sorgt, dass der Song stets lebendig und wirkungsvoll bleibt. Youngs spendiert ihm eine seiner spirituelleren Gesangslinien, die sogar leicht an andächtigen Gesang aus dem Punjab erinnert. „Still Learning“ wird von einer Strumming-Gitarrenlinie angetrieben, die beim ersten Hören generisch wirkt, aber auf 11 Minuten ausgedehnt wird seine Lagerfeuer-Vertrautheit zunehmend einlullend, je sogar meditativ; darüber schwebt ein sanfter Songs Youngs'. Das kürzere „Not My Eyes“ wartet mit einer unsicheren Masse von Basstönen und Fingerpicking auf und wird von beständigem Zupfen zusammengehalten. Von Wayside & Woodlands Labelchef aufgefordert, sich mit dem gerade modischen psychogeographischen Konzept “edgelands” – Räume zwischen dem Städtischen und dem Ländlichen – zu befassen, wäre es für Youngs leicht gewesen, in oberflächliches Staunen zu verfallen, aber er bekräftigt letztlich, dass Natur sowohl schön als auch impulsiv ist.

 

Ist dies eine große, eine wichtige Veröffentlichung? Nun, nein, und das ist der Punkt. Youngs’ konstantes Bedürfnis, sich auszudrücken, das an einen Gedankenstrom erinnert, läuft einer Kultur zuwider, die von Kanon und Meisterwerken besessen ist, und verdammt ihn wahrscheinlich dazu, dauerhaft zu wenig geschätzt zu werden.

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