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Angel Bat Dawid: The Oracle (Albumkritik)


Angel Bat Dawid


Angel Bat Dawid: The Oracle (International Anthem Co)



Angel Bat Dawid, die sich selbst als Klarinettistin, Komponistin und “spiritual jazz soothsayer” beschreibt, ist ganz offensichtlich eine sehr beschäftigte Frau. Sie betreibt einen Plattenladen in Chicagos South Side, organisiert interdisziplinäre Events mit der Participatory Music Coalition und spielt oft mit verschiedenen Musikern an allen möglichen Auftrittsorten in Chicago. Sie schrieb im vergangenen Jahr sogar eine Oper, die vom Hohelied Salomos inspiriert ist und in der Tänzer und Puppenspieler zum Einsatz kommen, während von ihrem eigenen Cosmic Love Arkestra dichte Orchestrierungen zu klanglichem Leben erweckt werden.

Doch die Musik, die sie unter ihrem eigenen Namen aufnimmt, ist deutlich introspektiver und hymnisch, zumeist vorgetragen mit Klarinette, Klavier, Percussion und Gesang, die sie nacheinander einspielt. The Oracle, ihr erstes richtiges Album (erhältlich ab dem 9. Februar), wurde aus Fragmenten zusammengesetzt, die sie auf ihrem Telefon aufnahm, oft hinter der Bühne vor Auftritten oder irgendwo unterwegs, während sie in aller Welt auf Tournee war. Das fertige Werk klingt aber nicht wie holprige, Lo-fi-Demos, sondern eher wie eine Serie spektraler, in Hall getauchter Botschaften aus dem Jenseits, die durch die Dub-Kammer gejagt wurden.



Dawids Klarinettenspiel ist schwatzhaft und leicht launisch und verfügt über eine wunderbar schlüpfrige Qualität, die mitunter an Eric Dolphy erinnert, vor allem auf „Cape Town“, einem frei improvisierten Duett mit dem südafrikanischen Drummer Asher Simiso Gamedze. „Impepho“ ist ein artiger Freakout für Klarinette und Bassklarinette und klingt, als würde Miles DavisOn the Corner in Zeitlupe gespielt, während ein funky Walzer für Klavier und Klarinette namens „London“ zeigt, dass sie straffe, richtig strukturierte Stücke schreiben kann.

Dawid singt nicht wirklich wie eine orthodoxe Jazz-Vokalistin und nimmt ihre eigenartig opernhafte Stimme oft auf mehreren Tracks auf, um desorientierende Effekte zu kreieren, die an Steve Reichs Klangkollagen erinnern. In der eindringlichen Ballade „What Shall I Tell My Children Who Are Black“ singt sie in einem zitternden Mezzosopran – als würde sie einen viktorianischen Salon-Song vortragen - Fragmente eines Gedichts von Margaret Burroughs aus dem Jahre 1963 , wobei sie die Melodie endlos übereinander legt, bis ein gespenstischer Palimpsest von Stimmen entsteht. Auf „We Are Starzz“ singt sie mit sich selbst im Duett; eine Stimme klingt wie ein Opern-Kontraalto , die andere wie das ekstatische Plappern einer Gospelsängerin. Dies ist ein faszinierenden Album, vom Ton her futuristisch, aber tief verwurzelt in einer uralten und sehr spirituellen Vision dessen, was Musik erreichen kann.

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