Brìghde Chaimbeul:
The Reeling (River Lea)
In einem Monat, in dem fortschrittlich eingestellte Folk-Alben nur so vom Himmel fallen, klingt dieses wie kein anderes. Es wirkt zugleich uralt und modern, tiefgründig und direkt, und es wird vom Klang der Smallpipes (kleine Dudelsäcke) dominiert.
Brìghde Chaimbeul, eine 20-jährige, Gälisch sprechende Musikerin von der Insel Skye, wurde als Kind von einem griechischen Nachbarn mit der Dudelsack-Familie bekanntgemacht. Sie führte mit 17 die
Highland Military Tattoo an, gewann im selben Jahr den Radio 2 Young Folk Award und hat seither erkundet, wie es um ihr Instrument international bestellt ist (sie spielte mit Flötisten und Dudelsackspielern in Osteuropa, studierte die Traditionen des Instruments auf der Kap-Breton-Insel und in Irland und förderte vergessene Songs der Hebriden und der Highlands wieder zutage).
Diese Ambition ist auch auf ihrem passend
The Reeling benannten Debütalbum offensichtlich. Es wurde live in einer Kirche in der
georgianischen Stadt Cromarty auf der Black Isle aufgenommen und das Dröhnen von
Chaimbeuls Smallpipes zieht einen unmerklich, aber beständig in seinen Bann, fast als wäre man ein Fisch an der Angel (das tun auch die Klänge eines Harmoniums, das sie in der Kirche vorfand). Man wird an
Laura Cannells zitterndes Geigenspiel mit seiner mitternächtlichen Tönung erinnert oder an die „gothic“ Stimmung skandinavischer Künstler wie
Anna von Hausswolff. Die Songs sind schottisch und bulgarisch:
„Moma e Moma Rodila“ fügt sich perfekt in eine Reihe schottisc-gälischer Songs wie
„Tàladh Nan Cearc“ ein, was den universellen Charakter der Musik unterstreicht.
Und
Chaimbeul gelang es, für die Aufnahmen tolle Mitstreiter um sich zu scharen.
Laus
Aidan O’Rourke produzierte dieses Werk, und es gelang ihm, das reiche Potenzial der durch das Atmen und Knarren ihres Sounds erzeugten Texturen nahezu perfekt herauszuarbeiten.
Lankums
Radie Peat ist an der Ziehharmonika zu hören, während die 82-jährige Sängerin und Dudelsackspielerin
Rona Lightfoot, die seinerzeit in der vierjährigen
Chaimbeul den Wunsch weckte, selbst Dudelsack zu spielen, auf mehreren Tracks Canntaireachd singt (eine phonetische Gesangstradition, die genutzt wird, um Stücke für Dudelsack zu lehren). Die Wirkung ist tranceartig und unmittelbar, von Herzen kommend und roh – die ohnehin unvergessliche Atmosphäre dieses Albums wird so noch weiter bereichert.
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