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Maren Morris: Girl (Albumkritik)


Maren Morris country singer


Maren Morris: Girl (Columbia Nashville)



Alle Künstler, die sich einen Namen machen, indem sie Konventionen unterlaufen oder gar auf den Kopf stellen, stehen beim zweiten Album vor einer großen Herausforderung: man kann dieselben Konventionen nicht zweimal unterlaufen, aber wenn man die Rednertribüne verlässt, wird man sofort beschuldigt, den Biss verloren zu haben. Kritiker bejubelten Maren Morris’ 2016 erschienenes Debütalbum Hero, weil sie darauf typischen Country-Versatzstücken eine Absage erteilte und zugleich Nashville-Songwriting mit Pop-Produktion und – Ambitionen kombinierte. Doch dann hatte sie mit „The Middle“ großen kommerziellen Erfolg, einer aufregend seltsamen Post-EDM-Zusammenarbeit mit dem Produzenten Zedd, die darauf hinzudeuten schien, dass Country für sie nur ein Zwischenstopp auf dem Weg zum Mainstream ist.

Girl, Morris’ zweites Album, bietet letztlich weder mutige Selbstdarstellung noch Vegas-tauglichen Pop. Morris’ Co-Autoren zählen nach wie vor zu den Topleuten in Nashville, darunter Ryan Hurd, mit dem sie seit dem vergangenen Jahr verheiratet ist. Ihre Beziehung ist das Fundament von Girl und wird als Liebesgeschichte für die Ewigkeit („Great Ones“), Erlösung („Gold Love“) und langandauerndes Zuckerhoch (das sich selbst erklärende „Make Out With Me“) präsentiert. Doch trotz all dieser autobiographischen Aufrichtigkeit wirken Morris’ Songs über uneingeschränkt gute Zeiten wenig überzeugend.

Morris verfügt über eine unwiderstehlich abgebrühte Stimme, die auf Tracks wie der angeheiterten Kameraderie von „All My Favourite People“ und dem durchgeknallten „Flavour“ vergeudet wird., während das niedliche „A Song for Everything“, das nostalgische Bilder aneinanderreiht, um billig Emotionen zu erzeugen, einfach nur peinlich ist. “My first lighter up was back when Coldplay still played clubs”, singt Morris, was unwahrscheinlich erscheint, da sie damals erst ungefähr neun Jahre alt war. Keiner dieser Songs ist stark genug, um sich über seine Mängel zu erheben.

Ebenfalls enttäuschend ist „Common“, auf dem auch Brandi Carlile zu hören ist, ein „gothic“ Flehen um Einigkeit, das neben Morris’ mutigen (für einen Country-Star) Äußerungen zur Kontrolle von Schusswaffen im realen Leben, schwach wirkt. Das ist deshalb besonders seltsam, da die besten Songs auf Girl Spannungen thematisieren. “What’s left of my halo’s black / Lucky for me, your kind of heaven’s been to hell and back”, singt sie auf „To Hell & Back“, einem bittersüßen, pragmatischen Liebeslied, das zwischen Angst und sanften Versicherungen pendelt, während „The Bones“ das ihrer Stimme innewohnende Bedauern so richtig zur Geltung bringt.
Diese relative Enttäuschung erinnert an Kacey Musgraves, die nach dem lebhaften Same Trailer, Different Park das wenig überzeugende Pageant Material veröffentlichte. Doch Musgraves’ nächster Move war das psychedelische Golden Hour, das für viele das beste Album des Jahres 2018 war. Hoffentlich macht sich bei Morris ein ebenso starker Inspirationsschub bemerkbar.





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