03 Greedo: Still Summer in the Projects (Alamo/Interscope/10 Summers)
Nach mehreren kürzeren Gefängnisaufenthalten für Drogenhandel, illegalen Schusswaffenbesitz und Diebstahl in seinen 20ern fuhr der Rapper 03 Greedo aus Los Angeles im Mai 2018 so richtig ein: er wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt, nachdem Methamphetamin und gestohlene Pistolen in seinem Auto gefunden worden waren. Dieses ergreifende, unbändige Album ist seine erste Veröffentlichung seit dem Haftantritt und seine Eigenarten sollten sicherstellen, dass seine Kariere am Laufen bleibt, bis er 2023 auf Bewährung entlassen werden könnte.
DJ Mustard produzierte dieses Album besonders aufwändig, ja geradezu üppig: zum hydraulischen Hüpfen seiner trockenen Klatscher und Snares gesellen sich mitunter geradezu schwülstige Akkorde und seltsame, gewundene Melodien. Greedo verstärkt die psychedelischen Klänge mit einer Serie wirklich inspirierter Texte mit tollem Flow – leider mit Auto-Tune verunstaltet, was Erinnerungen an T-Pains liebeskranke Kadenz erinnert. Die krude Sex Jam „Gettin Ready“ wird in einer zutiefst melancholischen Tonart vorgetragen und weckt damit Bilder von einem Tagtraum im Gefängnis; das Brüllen auf „Loaded“ deutet auf einen Mann hin, der allein stockbesoffen ist. Indem er „Purple Summer“s Refrain – über dreiste Untreue mit der Ehefrau eines besten Freundes – mit mitreißender Lebhaftigkeit vorträgt, schafft er es, das völlige Ruinieren des eigenen Lebens wie die beste Idee aller Zeiten klingen zu lassen. Wenn man die übertriebene Aggressivität von „I Walk“ und das Drohnen mit Waffengewalt auf „Grapevine“ berücksichtigt, ist dies ein Album, das all jenen, die darüber entscheiden müssen, ob er auf Bewährung entlassen werden soll, Kopfzerbrechen bereiten wird.
Aber es finden sich auch geistreiche Momente: einmal vergleicht er jemandes Aussehen mit jenem von Chryslers berüchtigt hässlichem PT Cruiser. Das Album endet mit einem bewegenden Telefonanruf aus dem Gefängnis, und man müsste ein Herz aus Stein haben, um nicht zu hoffen, dieses prickelnde, unberechenbare Talent die Kraft findet, sich nach der Entlassung aus dem Gefängnis ganz auf die Musik zu konzentrieren.
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