Rowan Rheingans: The Lines We Draw Together (Red Dress Records)
The Lines We Draw Together ist Rheingans’ erstes Soloalbum, also ohne ihre Schwester Anna, mit der zusammen sie mehrere BBC Radio 2 Folk Awards und jede Menge Nominierungen errungen hat. Musikalisch bietet sie ziemlich genau das, was man erwartet, aber thematisch beschreitet sie neue Pfade, denn die hier versammelten Songs sind von der Kindheit ihrer Großmutter im Deutschland der 1940er inspiriert. Wenn man nicht allzu genau zuhört, sind die Tracks unmittelbar und hübsch, wie es viele für den Radio 2 Folk Award nominierte Werke sind.
Aber während sich der feine Sound in Arrangements mit wunderschönen Holzbläser-Texturen nach und nach auflöst, bricht die Erzählung immer mehr durch. “We always look skyward to see what is coming”, beginnt „What Birds Are“. “And then without warning the Earth begins moving.”
Inmitten von Rheingans’ beruhigender Klanglandschaft, umhegt von ihrer Stimme, die warm wie Fleischbrühe ist, die Luft “becomes thick with the dust of the war”. Helle gelbe Sterne wandern vom Horizont auf die Jackenaufschläge junger Männer; Menschen hören auf zu sprechen, “to quiet the din”. Sie wirken oft offensichtlich, aber in diesem sanften Kontext sind solche Vorsichtsmaßnahmen seltsam eindringlich.
„Sky“ zählt zu den berührendsten Songs des Albums; er basiert auf einem Tagebucheintrag der niederländischen Autorin Etty Hillesum aus dem Jahre 1943, kurz bevor sie in Auschwitz starb: “the rare metal of birdsong” ist eine besonders starke Zeile. Ähnlich aufrüttelnde Momente gibt es, wenn auf „Brave“ statisches Rauschen als knisternde Percussion verwendet wird, und wenn Jack McNeills Klarinette am Ende von „Traces“sehr ruhig ihre Melodie abspult, fast wie ein verlorener Moment von Talk Talks Laughing Stock. Mehr solche für Abwechslung sorgende Momente wären willkommen, aber da dies ein Album ist, das vom langsamen Heraufziehen und der Akzeptanz des Extremismus handelt, ist seine subtile Botschaft klar. Ebenso klar ist Rheingans’ Ambition, die alles Lob verdient.
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