Mahalias übertrieben „auserwählter“ Status regt viele noch immer auf. Die Singer-Songwriterin aus Leicesster hat seit ihrem 13. Lebensjahr einen Plattenvertrag und wurde schon früh von Ed Sheeran unterstützt. 2016 veröffentlichte sie ihr Debütprojekt Diary of Me, das zwar frisch war, aber darunter litt, dass sie sich nicht so recht zwischen Gitarrenballaden und Soul entscheiden konnte. Love and Compromise ist technisch das zweite Album der mittlerweile 21-Jährigen, aber es wird als ihr „eigentliches“ Debüt vermarktet. Jedenfalls wird damit das Genreproblem gelöst, denn die Künstlerin setzt hier auf eine eklektische Version von britischem Soul-Pop. Trotz des emotionalen Inhalts strahlt Mahalia eine fröhliche Weichheit aus, wobei typische Themen des Jahres 2019 i Retro-Gewand behandelt werden.
„Do Not Disturb“ wirkt wie ein natürlicher Nachfolger von „Sober“, Mahalias bekanntestem älteren Track. Während „Sober“ von ihrer Neigung, in angeheitertem Zustand Texte zu schreiben, inspiriert war, macht sie in „Do Not Disturb“ die Leave-me-alone-Funktion ihres Mobiltelefons ausfindig. Es gibt hier auch weitere modische Elemente: die Trap- Rhythmen von „What You Did“ und Versatzstücke vom R&B der 90er-Jahre von „He’s Mine“. Mahalias charakteristisches Gurren und ihr deutlich hörbares karibisches Erbe passen perfekt zur globalen Blüte des Dancehall, sodass Trend-Momente wie „Simmer“ (featuring Burna Boy, den großen Star des nigerianischen Afrobeat) organisch und nicht bemüht wirken. Doch im Unterschied zum standardmäßigen Knistern beider Genres sagt, Mahalia hier einem Verehrer, er solle sich beruhigen. In anderen Songs sind das Verlangen nach gegenseitigem Respekt und ein Misstrauen gegenüber Kompromissen (zum Ausdruck gebracht mit einem Eartha Kitt Sample) lau und deutlich zu vernehmen.
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