Mich in Battlefield 1 zu stürzen, war ein überraschendes Erlebnis. Ein Spiel zu machen, dass sich auf die absolute Tragödie konzentriert, die der Erste Weltkrieg war, erschien wie das Set-up für eine n katastrophalen Flop. Die Einzelspielerkampagne hat mich wirklich beeindruckt, doch wenn man den Multiplayer mitberücksichtigt, wird eine fundamentale Diskrepanz spürbar, die sich nicht in Einklang bringen lässt.
Battlefield 1s Kampagne ist düster, geradezu voller Trauer und legt das Hauptaugenmerk auf das Ausmaß des Großen Krieges; von Soldat zu Soldat hebt sie die absolute Vergeudung von Leben in diesem Krieg hervor. In den Storymissionen mag es viele heroische Momente geben, aber sie sind letztlich stets bittersüß. Der Heroismus hat immer hohe Kosten. Sie werden Kameraden verlieren und, sofern Sie überleben, bleibt ein unbeschreiblicher Teil Ihrer Unschuld auf dem Schlachtfeld zurück. Krieg ist beschissen.
Der Multiplayer-Teil untergräbt diese Botschaft total. Aufzuleveln, um neue Waffen zu erhalten, tolle Kopfschüsse hinzubekommen und einen weitere Kontrollpunkt-Runde zu gewinnen, sind Erfahrungen, die fesselnd sein sollen, aber letztlich frivol sind. Wenn Sie bis zehn zählen, werden Sie auch schon wieder „respawnen“ und mit einem neuen Leben weiterkämpfen. Wenn Sie eine Runde verlieren, wird die Karte für die nächste zurückgesetzt, als wäre nichts verloren. Alles ist frei von Konsequenzen. Krieg ist ein Spiel.
In den USA hat man einen distanzierten und ziemlich gleichgültigen, unbeteiligten Blick auf den Ersten Weltkrieg, der verstörend und besorgniserregend sein kann, wenn man die wahrhaft schreckliche Natur seiner Schlachten bedenkt. In den Geschichtskursen an den US-amerikanischen Schulen und Colleges wird über den Ersten Weltkrieg zumeist nur kurz gesprochen, da man sich lieber auf den wesentlich weniger uneindeutigen Zweiten Weltkrieg konzentriert. Vielleicht ist das der Grund dafür, warum die Entwickler und manche Spieler Battlefield 1 nur als ein Spiel betrachten. Dies war ein Krieg, in dem die Haager Landkriegsordnung (HLKO) massenhaft verletzt wurde. Das ist die Realität. Deshalb ist es irgendwie unbehaglich, wenn man Gasgranaten für seinen Multiplayer-Charakter freischaltet. Oder massive Artillerieangriffe anfordert. Das kann und sollte man nicht ignorieren.
Mitunter habe ich ein flaues Gefühl im Magen, wenn ich Battlefield 1 spiele. Ich habe viele Vorbehalte, was die Darstellung von Krieg in Videospielen anbelangt. Kriegsspiele können nur zu leicht wie Katastrophentourismus erscheinen, wenn sie Waffen zum Fetisch erheben und den Feind entmenschlichen, um genießbar und leichter konsumierbar zu sein. Sehen Sie sich dieses Spektakel an! Bestaunen Sie diese Aufregung von der Sicherheit Ihrer Couch aus! Wir haben mehr Beta-Spieler, als das Osmanische Reich Soldaten hatte! Vernichten Sie den Feind für König und Vaterland!
Die Entwickler prahlten mit einem erfolgreichen Beta-Test, indem sie die Zahl der Spieler mit der Zahl echter Soldaten verglichen, und führten die Schlacht von Amiens vor, während Snoop Dog auf dem Schlachtfeld herumturnte. Mitunter frage ich mich, ob sie das Thema und die Geschichte ernst nehmen oder nur ausbeuten, um möglichst viel Profit zu machen. Doch selbst angesichts des fragwürdigen Marketing und obwohl es sich um ein auf Hochglanz poliertes Produkt handelt, das den Krieg kommerzialisiert, glaube ich, dass Battlefield 1 in gutem Glauben handelt. Die würdevolle Bedeutsamkeit der Kampagne wirkt nicht so als wolle sie den Krieg emotional ausbeuten, sondern wie ein ehrlicher Versuch, menschliche Geschichten zu erzählen. Trotz des tonalen Gegensatzes zwischen Kampagne und Multiplayer hat dieses Spiel etwas zu sagen.
Battlefield 1 sagt zwei verschiedene Dinge. Einerseits möchte es mir vermitteln, dass Krieg die Hölle ist. Auf der anderen Seite möchte es mir sagen, dass Krieg ein Vergnügen ist. Es möchte, dass ich den Verlust von Leben betrauere, aber es möchte auch, dass ich neue Waffen freischalte und mein Arsenal persönlicher gestalte (customize). Für sich genommen, hat jeder Spielmodus seine Vorzüge, aber als Ganzes kollidieren sie und widersprechen einander heftig.
Das Endresultat ist verwirrend. Battlefield 1 ist das menschlichste und bewegendste Spiel der Serie bisher, aber ist ist zugleich auch auf viele Weisen taktlos. Ich zweifle nicht an Battlefield 1s Absichten, aber ich bin skeptisch. Gute Absichten können nicht alles kaschieren und die Systeme des Spiels haben eine Einstellung zum Krieg, die weit entfernt ist vom dramatischen Geschehen. Die Kampagne zeichnet ein trauriges Bild der enormen Vergeudung menschlichen Lebens, weshalb es eine wahre Schande ist, dass viel von dieser Emotion sofort verraucht, wenn irgendein Arschloch von Mittelmächten mich mittels „teabagging“ demütigt.
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