Gorillaz: The Now Now (Warner Bros)
Bereits kurz nach ihrem 2017 erschienenen Longplayer Humanz – eine mit reichlich Gaststars aufgepeppten Sammlung düsterer Dance Music – erfreut uns Damon Albarns animierte Band mit ihrem sechsten Album. Im Unterschied zum Vorgänger sind auf The Now Now nur wenige musikalische Gäste zu hören: Jazzgitarrist George Benson veredelt „Humility“, den ersten Song des Albums, mit einem wunderbar funkigen Riff und Snoop Dogg und House-Produzent Jamie Principle steuern Gesang zu „Hollywood“ bei, aber das ist schon alles. Stattdessen übernimmt Albarn selbst einen großen Teil des Gesang, über weite Strecken ohne all die Effekte, die zuvor seine Stimme als Gorillaz Front-Cartoon 2-D charakterisierten.
Dies ist kein völlig neuer Modus für die Gruppe. 2010 veröffentlichte sie zwei Alben: das erste, Plastic Beach, erfreute mit Horden bekannter Musiker; das zweite, The Fall, nur mit ein paar wenigen.Letzteres hat viel mit The Now Now gemein. Beide wurden während Tourneen durch Nordamerika für das vorherige Album der Band aufgenommen und beide enthalten mehrere Songs, die nach US-Orten benannt sind. Doch während The Fall eine etwas sanftere Seite der Gorillaz zeigte, bietet The Now Now eine ausgedehntere Atempause von dem mitunter stressigen Maximalismus, der das Werk der Band charakterisiert. Es verbreitet ein willkommenes Gefühl der Ruhe, wobei Albarn wieder einmal sein Talent fürs Schreiben von Songs unter Beweis stellt, die sowohl herzzerreißend als auch beiläufig unterhaltend sind – der Trick, der Blurs klassische Balladen so schön machte.
„Idaho“ und „One Percent“ sind langsame, auf das Wesentliche reduzierte Schaustücke dieser besonderen Fähigkeit, während „Humility“ Bensons Gitarrenfiguren mit lässig entzückendem Gesang kombiniert. Selbst die charakteristischeren Gorillaz Schöpfungen – „Lake Zurich“, eine unruhige Beinahe-Instrumentalnummer, die von einem Breakbeat und lebhafter Cowbell angetrieben wird, und „Tranz“, mit seinem schwungvollen Groove und matschigen Synthesizern – strahlen eine friedliche Ruhe aus.
Auf dem textlichen Level ist es schwerer, einen Zugang zu diesem Album zu finden. Die Gorillaz Songs zeichnen sich traditionell durch verwirrend abstrakte Texte aus; Albarn mag zwar den Produzenten James Ford als die “sense police” bezeichnen, weil er auf Verständlichkeit besteht, aber sein Einfluss dürfte doch eher gering oder wenig effektiv gewesen sein. Dennoch ist The Now Now trotz des Geschwafels über weite Strecken betörend – ein Gorillaz Album, das ausnahmsweise nicht als Lautsprecher für die Kakophonie des modernen Lebens dient, sondern als Salbe.
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