Animal Collective: Tangerine Reef (Domino)
2018 ist das internationale Jahr des Riffs (jenes im Meer, nicht der musikalische) und hat uns zahlreiche schlimme Nachrichten aus der Tiefe beschert. Doch dem Kunst-trifft-auf-Wissenschaft-Duo Coral Morphologic – auch bekannt als der Meeresbiologe Colin Foord und der Musiker JD McKay – gelingt es, in seinen hypnotischen, Filmen mit ihren charakteristischen Nahaufnahmen nicht nur Schönheit, sondern auch Hoffnung zu finden. Leider ist der Soundtrack zu ihrem ersten „visuellen Album“, für das sie mit Animal Collective zusammenarbeiteten, schwerer zu verdauen als die Nachrichten. Vielleicht auf der Suche nach etwas, das tiefsinniger als der vom Geist der Beach Boys beeinflusste Lo-Fi-Surrealismus der frühen Alben oder der zischende Avantgarde-Electropop, der für sie nach dem Album Merriweather Post Pavilion, mit dem sie 2009 den Durchbruch schafften, typisch ist, loten AC mit dieser vorsätzlich trostlosen Weite von weitgehend emotionslosem Gesang und vagen, eher unbeholfenen Ambience-Klängen eher Kargheit aus als Subtilität. Weniger mag zwar oft mehr sein, aber hier ist es entschieden einfach nur weniger, wahrscheinlich sogar zu wenig.
„Buffalo Tomato“ ist eine sanfte Nummer, die klingt, als wäre sie von Suicide unter Wasser eingespielt worden, und „Hip Sponge“ könnte man fast als energiegeladen bezeichnen, aber über weite Strecken treibt Tangerine Reef ziellos dahin, ohne auch nur ansatzweise Interesse für sein Thema zu wecken. Ein pflanzenartiges Tier, das zugleich eines und viele ist, ist eine verlockende Metapher für einen Kommentar zur Umwelt und ihrer Zerstörung, doch das dominierende Gefühl ist hier eines von enerviertes menschlicher Isolation. Die die Geduld stark strapazierenden beiden zentralen Tracks „Coral Understanding“ und „Airpipe (To A New Transition)“ – ein zusammenhangsloses Schlingern von näselndem Keuchen und matschigen Klängen – könnte gut von einer Wassermannversion von Lou Reed stammen, die versucht, vom Plattenlabel aus dem vertrag entlassen zu werden. CMs Bilder sind atemberaubend und hypnotisch, aber warum sollte sich jemand diese Musik ohne die Bilder antun – außer als die strenge Strafe, die unsere Spezies verdient?
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