Der aus dem Süden Londons stammende Rapper Dave gilt als außergewöhnliches Talent, seit er mit rund 14 mit dem Rappen begann: textlich innovativ, wesentlich weiser, als man aufgrund seines Alters vermuten würde, politisch interessiert und emotional sehr intensiv, ohne je allzu ernst zu werden. In den vergangenen drei Jahren hat er sich von einer „underground street-freestyling“ Sensation zu einem vielseitigen Künstler entwickelt. Psychodrama ist sein Debütalbum, das auf zwei EPs und mehrere Singles folgt, die zeigten, dass er von hektischen Grime-Nummern über autobiographische, zum Teil recht schmerzhafte Stücke bis hin zu entspannten Sommer-Hymnen und mehr als sieben Minuten langen Grübeleien über das Versagen der politischen Klasse alles beherrscht.
Psychodramas 11 Tracks sind lose um die Idee aufgebaut, dass der mittlerweile 20-jährige Künstler wegen all dem, was er in seinem relativ kurzen Leben schon erlebt hat, eine Therapie macht. Die Songs reichen vom sanften und komplexen Afrobeats-Liebeslied „Location“ (mit dem nigerianischen Superstar Burna Boy) bis hin zur vor kurzem veröffentlichten Single „Black“, einer eindrücklichen Schilderung der „black British experience“, zu der der Stolz der afrikanischen Dispora ebenso zählt wie die schwere Last des postkolonialen Leids und Rassismus. Es ist sehr viel Klavier zu hören (Dave ist ein ziemlich guter Pianist) und viel von den „battle scars”, die man sich holt, wenn man in Streatham aufwächst und zwei Brüder hat, die im Gefängnis sitzen; auch die Skepsis angesichts des Erfolgs und die Frage, wem man trauen kann, werden mehr als einmal thematisiert.
All das gipfelt in „Lesley“, einer überwältigenden, 11-minütigen Ergründung häuslicher Gewalt. “Tell a yout’, if you got a brain then use it”, rappt er ziemlich am Anfang; Dave macht genau das, aber er hat mehr zu bieten als nur Verstand.
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