Es ist durchaus möglich, dass Loyle Carner die zeitgenössische Hip-Hop-Szene trollt. Auf seinem zweiten Album bleibt der Flow des 24-jährigen Rappers herausfordernd „old-school“ und er ist eher auf Sprache und jazziges Erzählen bedacht als auf mit Auto-Tune kräftig bearbeitete Posen, die Millionen Streams einbringen.
Carners Besessenheit von Essen kommt hier mit Tracks namens „Ottolenghi“ und „Carluccio“ mehr als deutlich zum Vorschein. Erster nutzt das Jerusalem Kochbuch des Kochs nur als Startpunkt, während Carluccio den Tod des Gastronomen nur erwähnt, um eine Erinnerung in der Zeit zu verankern: beide sind nur falsche Fährten auf einem Album über Beziehungen.
Wie es auch schon bei Carners autobiographischem Debütalbum aus dem Jahre 2017, dass für den Mercury nominiert wurde, der Fall war, dringt Not Waving tief in die Gefühlswelt eines Mannes mit hohem emotionalem IQ vor. Hier ist all die Selbstreflexion zu finden, die Drake reich gemacht hat. Aber nichts von der Gehässigkeit. Bei Carner ist alles bittersüß – selbst wenn er auf dem letzten Track des Albums Mittagessen bestellt.
Zu Beginn kündigt er an, dass er auszieht – er beendet keine Beziehung, sondern verlässt das Haus seiner Mutter, um mit seiner Freundin zusammenzuleben, dem Engel des Refrains des allzu süßen zweiten Tracks. Die verletzliche Schilderung einer gescheiterten Bromance – „Krispy“ – ist wesentlich bewegender. „Looking Back“ indessen betrachtet Carners gemischte Abstammung mit engagierter Ratlosigkeit: man könnte diesen Track als Mundspülung betrachten.
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