Altes trifft auf Neues – mit gemischtem Erfolg
Dieses finnische Indie-Projekt für den PC ist eine Liebeserklärung an all die Titel aus den 80-er-Jahren, die mich zu dem Spieler machten, der ich heute bin: Wizardry, Might & Magic und Dungeon Master. Die Entwickler setzten sich das Ziel, Old-School-Gameplay und -Puzzles mit moderner Produktion und den heute üblichen Nutzerinterface-Konventionen zu verschmelzen, was auch größtenteils gelang. Einige Schwächen beim Kampfsystem und dem Puzzledesign verhindern, dass Legend of Grimrock die Höhen der Klassiker erreicht, von denen es inspiriert ist.
Zu Beginn stellen Sie Ihre Gruppe von vier Gefangenen aus vier Rassen und drei Klassen zusammen, was ungefähr fünf Minuten Zuweisen von statistischen Werten bedeutet, aber dann begeben Sie sich auch schon in die beklemmende Finsternis von Mount Grimrock. Nach fünfzehn bis zwanzig Stunden haben Sie auf dem Weg, das Geheimnis zu entschlüsseln, das die zehn Ebenen uralter Tunnels durchdringt, in denen Ihre zusammengewürfelte Gruppe gefangen ist, dutzende Rätsel gelöst und unzählige Monster erledigt (und sehr viele gespeicherte Spielstände geladen).
In seinen besten Momenten ist das Spiel eine wunderbare Vereinigung von klassischen westlichen Rollenspiel-Elementen und moderner Präsentation. Herauszufinden, wie man an all den Hebeln, Druckplatten, Teleportern, Fallen und sogar auf Dichtung basierenden Rätseln, die fast jeden Millimeter des quadratmusterartig angelegten Dungeons von Grimrock bedecken, ist die meiste Zeit über das reinste Vergnügen. Dem Entwickler gelingt es über weite Strecken, den richtigen Schwierigkeitsgrad zu treffen, den Spieler also weder an der Hand durchs Spiel zu führen noch die Hinweise so obskur zu gestalten, dass man darob verzweifeln möchte. Der einzige problematische Aspekt des Puzzledesigns ist, dass es bisweilen zu sehr auf die „Wo ist Timmy?“-artige Jagd nach verborgenen Hebeln setzt.
Das Design der Kämpfe, das am ehesten dem der spätere Might & Magic-Spiele ähnelt und bei dem die Action in Echtzeit auf dem Hauptbildschirm erfolgt und nicht in einen separaten Kampfmodus gewechselt wird, ist nicht so erfolgreich. Die Kämpfe sind während der ersten paar Levels des Dungeon intensiv und interessant, aber ungefähr ab der Mitte des Siels können die durchschnittlichsten Monster einen noch so auf Verteidigung spezialisierten und auch entsprechend gut ausgerüsteten Kämpfer in Sekundenbruchteilen fertigmachen. Das Überleben hängt ab diesem Zeitpunkt fast ausschließlich davon ab, ob es einem gelingt, so vor den Monstern zu flüchten, dass sie an einem Pfeiler oder ähnlichem hängen bleiben, oder ihr AI-Skript auf sonst eine art auszunützen, was weder heroisch noch sonderlich interessant ist.
Immer wieder zu den in unregelmäßigen Abständen anzutreffenden Wiederherstellungskristallen zurückzulaufen, ist leider eine absolute Notwendigkeit, da vor allem auf den späteren Levels ständig Charaktere das Zeitliche segnen oder unter schwierig zu heilenden Zuständen leiden. Zum Glück wird dies außer durch die damit verbundene Langweiligkeit und Mühe nicht weiter bestraft (man verbraucht nur ein wenig Nahrung); jedenfalls ersparen diese Kristalle dem Spieler, seltene Verbrauchsgüter für das Brauen von Heilmitteln, die man im Kampf einsetzen kann, zu verbrauchen. Der Level, der mit Schleim angefüllt ist, der Ihren Charakter in einem fort schädigt und so die Gesundheitsregeneration blockiert, und in dem leider nur sehr selten Gegenmittel zu finden sind, ist in dieser Beziehung besonders schlimm (man läuft eigentlich nur zwischen den Regenerationskristallen und den Kampfschauplätzen hin und her) und würde es nie in ein modernes Spiel schaffen – dabei ist er nicht einmal der schlimmste Übeltäter.
Falls Ihnen dies noch nicht schwierig und mühsam genug ist, gibt es auch noch einen „Old School Modus“, in dem Ihnen Ihr Fortschritt nicht automatisch auf der Karte angezeigt wird, so dass Sie selbst den Plan des jeweiligen Levels auf einem karierten Blatt Papier aufzeichnen müssen, wenn Sie eine Ahnung davon haben wollen, wo Sie gerade sind.
Legend of Grimrock lässt in Spielern meiner Generation nostalgische Gefühle aufkommen und ich bedaure nicht, mich etliche Stunden mit dem Spiel beschäftigt zu haben. Das nachlässige Monsterdesign sorgt jedoch für mühsame, sich stark wiederholende Kämpfe, was bei gruppenbasierten Rollenspiel so etwas wie eine Todsünde ist. Mir gefällt, dass es meine Denkfähigkeit respektiert, indem es mich mit durchaus anspruchsvollen, aber nicht unlösbaren Rätseln konfrontiert, auch wenn ich mich darüber ärgere, dass es dabei versagt, die taktischen Kämpfe nachzugestalten, deretwegen die PC-Rollenspiele der 80-er-Jahre so beliebt waren. Ob Sie lieber Rätsel lösen oder taktisch kämpfen, wird darüber entscheiden, ob sich die $15, die dieses Indie-Spiel kostet, für Sie rentieren.
PRO: Interessantes Konzept; gute Licht/Schatten-Effekte sorgen für die richtige Dungeon-Atmosphäre; clevere Puzzles; erinnert an die guten alten PC-Rollenspiele; minimalistischer, cleverer Einsatz von Sounds.
CONTRA: Langweilige, mühsame Kämpfe; zu wenig Keyboard-Shortcuts; Designelemente werden oft wiederverwendet; geringer Wiederspielwert.
Abschließende Bewertung
Spiel: 8,0
Spaßfaktor: 7,5
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen