Das herausragende neue Abenteuer des Schatzjägers Nathan Drake ist nicht nur das beste Spiel der Uncharted-Serie, sondern ein Kandidat für den Titel „Spiel des Jahres“
Lassen Sie mich mit einer gar nicht so gewagten Erklärung beginnen: Die Uncharted-Spiele sind die Indiana Jones-Filme dieser Generation. Erinnerten wir uns einst der Szenen, in denen Indy einen Panzer sprengte oder einem rollenden Felsen entkam, verweisen wir nun darauf, wie Nathan Drake einen Zugunfall überlebte oder sich auf der geöffneten Heckklappe eines Transportflugzeuges einen epischen Kampf auf Leben und Tod lieferte. Drakes Uncharted-Spiele sind zu kulturellen Meilensteinen geworden.
Wir können nicht länger einfach nur sagen, dass Spiele „filmartig“ oder wie Hollywood-Blockbuster sind. Spätestens mit Uncharted 3 sind Videospiele zu einem echten Medienereignis geworden, denn Naughty Dogs filmartige Präsentation, die Schauplätze und die Actionsequenzen würden die meisten Filmstudios in den Ruin treiben, während Nathan Drakes Charakter vielschichtiger ist und über Tiefgang verfügt, als es gemeinhin bei Actionhelden üblich ist.
Die Uncharted-Serie wird besser und besser. Im Zentrum dieser Entwicklung stehen Charaktere, die immer realistischer werden.
Uncharted 3 ist ohne Zweifel Nathan Drakes bisher bestes Abenteuer: Das Gesamtpaket – grandiose Einzelspielerkampagne, Co-op-Modi und Multiplayer – hat „Spiel des Jahres“-Potenzial.
In Uncharted 3: Drake’s Deception werden der spitzbübische Held Nathan Drake, sein Mentor Victor Sullivan, seine Ex-Freundin und Abenteurerkollegin Chloe Frazer und seine ständige Angebetete Elena Fisher in eine Verschwörung verwickelt, die mit Sir Francis Drake, T.E. Lawrence (auch bekannt als Lawrence von Arabien) und dem „Atlantis des Sandes“ (Iram of the Pillars) zu tun hat. Ohne allzu viel zu verraten, sei nur gesagt, dass die Verschwörung und die Schatzsuche unseren Helden von London über Frankreich bis in die Rub’ al Khali Wüste führt, mit Zwischenstopps in piratenverseuchten Gewässern, den Straßen von Kolumbien und vielen, vielen Grüften. Er muss sich auch mit unliebsamen Erinnerungen an seine Vergangenheit auseinandersetzen und sich, wie die Serie selbst, um einiges erwachsener präsentieren.
Alle beliebten Charaktere erhalten mehr Zeit im Rampenlicht sowie viele erinnernswerte Dialoge, die nicht nur Beweis für das fantastische Skript, sondern auch die hervorragende Arbeit der Sprecher sind. Da alle Charaktere ausreichend Text bekommen sollten und auch die Handlung weitergebracht werden musste, kommen leider diesmal die Charaktere selbst und ihre Motivationen ein wenig zu kurz. Das Spiel wirkt mitunter wie ein kurzer Rundgang durch die Schauplätze für die Actionsequenzen, während der Grund für den Aufenthalt an dem jeweiligen Ort bestenfalls im Vorübergehen erwähnt wird.
Ich persönlich hätte mich über weiterführende Erklärungen im Zusammenhang mit den Erkenntnissen von T.E. Lawrence (das ist schließlich der Ausgangspunkt des Plots) sowie mehr Informationen über die Vorgeschichte und Hintergründe der Bösewichte (die furchterregender und deren Motive unergründlicher sind, als dies bei früheren Feinden der Fall war) gewünscht. Im Zusammenhang mit einem der Feinde gibt es einen „mystischen/Gedankenkontroll“-Aspekt, der nie wirklich erklärt wird. Außerdem bin ich der Ansicht, dass Chloe zu wenig genutzt wird. Das mag sich nach kleinlicher Kritik anhören, aber ein Spiel, das so viel Wert auf die Story legt, muss gerügt werden, wenn sich Plotlöcher von der Größe eines Panzers auftun.
Aber davon einmal abgesehen, gibt es nur sehr wenig, worüber man sich beschweren könnte. In der Einzelspielerkampagne wurde das Nahkampfsystem gegenüber den Vorgängern um einiges verbessert, weshalb es nun viel leichter ist, sich im Kampf gegen mehrere Gegner zu behaupten. Die neue Kampfmechanik wird den Spielern in einem exzellenten, in einer Bar in London angesiedelten Tutorial nähergebracht, das sehr gut geschrieben und umgesetzt ist und stark an Indiana Jones erinnert.
Die grundlegende Schießmechanik scheint aber eine Spur schlechter geworden zu sein, denn in Uncharted 2 war es leichter, Feinde auszuschalten. Vor allem Kopfschüsse gelingen nicht mehr so regelmäßig. Dieses Mal verwandeln sich Feinde nur allzu oft in wahre Kugelschwämme (ein Problem, mit dem die Serie schon immer zu kämpfen hatte) und die Treffer haben weniger Wirkung, als sie haben sollten.
Obwohl technisch erstklassig und sehr angenehm zu spielen, ist die Uncharted-Reihe vermutlich vor allem dafür bekannt, dass sie die Spieler an wahrhaft epische Schauplätze entführt, die man kletternd und auf andere Weise ausführlich erforschen kann. In Bezug auf die Schauplätze geht man einmal mehr an die Grenzen des Machbaren, mit erinnernswerten Begegnungen in alten Burgen, Fluchten aus brennenden Gebäuden und einer epischen Action-Sequenz an Bord eines Frachtflugzeugs. Mit Ausnahme einer langwierigen Mission in einer Piratenwerft, die den Tiefpunkt de Spiels markiert, bieten alle Missionen unglaublich unterhaltsame und abwechslungsreiche Umgebungen, in denen man gerne herumklettert und kämpft. Außerdem finden sich nach wie vor ausreichend Feuergefechte und Engpässe, an denen Sie das eine oder andere Mal sterben werden, sowie Rätsel, die recht kompliziert sein können, aber nie frustrieren.
Der Multiplayer ist in zwei Teile untergliedert: Co-op und Wettkampf, wobei der Co-op-Teil eine neue Abenteuerkampagne bietet, bei der Sie mit bis zu drei Freunden verkürzte Versionen von Drakes vorangegangenen Heldentaten durchspielen können. Falls Sie wie ich gutes Geld bezahlen würden, nur um Drake, Sully, Chloe und Elena beim Kaffeebestellen zuzusehen, werden Ihnen die kurzen filmischen Sequenzen, die die Missionen einrahmen, gut gefallen.
Die wettkampfmäßige Multiplayer-Sektion bietet nach wie vor Plünderungs-, Deathmatch-und Team Deathmatch-Karten sowie jede Menge freischaltbare Charaktere, Waffen, Outfits und andere Vergünstigungen. Obwohl das Ganze um einiges hektischer und schludriger ist als bei First-Person-Shootern, kann man beim Multiplayer-Teil von Uncharted 3 durch eine Mischung aus Können, Glück und Teamwork bestehen. Die Leben sind kurz, freigeschaltete Boni können einem Kampf rasch eine neue Wendung geben und die Möglichkeit, an nahezu jeden beliebigen Ort zu klettern, bedeutet, dass man sich nirgends verstecken kann. Beim Multiplayer von Uncharted 3 muss man immer und überall mit Feinden rechnen und sie überall suchen.
Insgesamt ergibt die Kombination aus einem soliden Multiplayer, einem überraschend fesselnden Co-op-Abenteuer und einer spannenden, zehn Stunden langen Einzelspielerkampagne einen Titel, den man einfach gespielt haben muss. Fans können ruhig darüber diskutieren, ob das neue Spiel die Blockbuster-Momente von Uncharted 2 zu übertreffen vermag, aber wenn man das hier Gebotene insgesamt betrachtet, werden wohl alle eingestehen müssen, dass es keinen würdigeren Nachfolger geben könnte. Uncharted 3 ist nicht einfach nur so unterhaltsam und filmisch wie die besten Actionfilme – es ist besser. Sie sehen sich die epischen Kämpfe nicht nur an, Sie befinden sich inmitten eines der besten Abenteuer, die je für ein Unterhaltungsmedium geschaffen wurden.
PRO: Interessante Story und flottes Tempo; fantastische Sprecher; abwechslungsreiche Multiplayer-Modi; großartiges teambasiertes Co-op-Abenteuer; fantastische Schauplätze; guter altmodischer Spaß.
CONTRA: Einige seltsame Wendungen im Plot; Feinde verwandeln sich mitunter in Kugeln aufsaugende Schwämme; gelegentlich sind Sequenzen zu filmisch und zu wenig interaktiv.
Abschließende Beurteilung
Spiel: 9,25
Spaßfaktor:9,5
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen