Wenn Sie diesen Titel einige Stunden spielen, werden Sie darum beten, dass die Zombie-Apokalypse schleunigst beginnt.
Als Resident Evil: Operation Raccoon City angekündigt wurde, waren viele Spieler zu recht begeistert. Schließlich, wer würde nicht gerne einen auf vier Spieler ausgelegten, klassenbasierten kooperativen Shooter spielen, der im beliebten Resident Evil-Universum angesiedelt ist? Das Potenzial für ein ganz besonderes Spielerlebnis war von Anfang an gegeben. Viele nahmen an, es würde etwas in der art von Left 4 Dead dabei herauskommen. Leider ist das nicht der Fall. Operation Raccoon City spielt nicht nur nicht in derselben Liga wie Left 4 Dead, es ist nicht einmal ein halbwegs gelungenes Resident Evil-Spiel.
Sowohl die einzelspieler- als auch die Multiplayer-Elemente von Resident Evil: Operation Raccoon City spielen in (Sie haben es sicher erraten) Raccoon City, jener kleinen Stadt, in der das berühmte Virus der Serie vor vielen Jahren erstmals auf die Bevölkerung übergriff. Die Kampagne greift viele Ereignisse aus Resident Evil 2 wieder auf und dreht sich um die Einsätze eines Spezialeinsatzkommandos der ruchlosen Umbrella Corporation, das ausgesandt wird, um die Sauerei zu beseitigen, die die Wissenschafter angerichtet haben – und zwar um jeden Preis (Hinweis: Es kommen viele Schusswaffen zum Einsatz). Das Spiel beietet zwar jede Menge Anspielungen, die allen Resident Evil-Fans Freude machen werden, und einige Gastauftritte bekannter Charaktere, aber die Handlung kann letztlich aufgrund etlicher verwirrender „Wendungen“ und eines Endes, das auf absurde Weise nichts erklärt, nicht einmal ansatzweise überzeugen. Wenn Sie sich am Ende der siebenten und letzten Mission der Kampagne nicht fragen, was da gerade passiert ist, kann das nur daran liegen, dass sie sich fragen, warum das überhaupt passiert ist.
Die Story von Operation Raccoon City versagt auf mehreren Levels, vor allem aber deshalb, weil dem Spieler kein Grund gegeben wird, sich emotional zu engagieren. Ihr Charakter und die Mitglieder Ihres Teams sind absolut unsympathisch, vor allem in jenen Momenten, da sie versuchen, die Helden zu töten, die wir kennen und lieben. Es ist seltsam, dass die Entwickler keine alternative Kampagne inkludierten, in der man in die Rollen der Überlebenden schlüpfen kann, denn ein Co-op-Remake von Resident Evil 2 wäre um einiges unterhaltsamer gewesen als das, was hier geboten wird.
Statt den Spieler die ganze Kampagne hindurch einen einzigen Charakter steuern zu lassen, wird der Co-op-Aspekt von allem Anfang an betont, denn es wird den Spielern ermöglicht, die Charakterklassen vor jeder Mission zu wechseln, um nach Herzenslust experimentieren zu können. Die meisten der Charakterklassen, die man in einem modernen Shooter anzutreffen erwartet, sind hier vertreten, darunter Soldat, Sanitäter und Aufklärer, wobei jede der Klassen über spezielle Fähigkeiten und Waffen verfügt. Manche dieser Fähigkeiten (etwa verbesserte Rüstung und schnelleres Nachladen) sind passiv, während andere wie brennende Kugeln und vorübergehend unbeschränkte Munition nach dem Ablauf einer bestimmten Zeitspanne aktiviert werden können.
Es ist ein solides System, das dafür sorgt, dass die Action interessant bleibt, obwohl ich mich aus persönlicher Vorliebe darauf konzentrierte, vor allem meinen Soldaten und meinen Sanitäter zu verbessern. Das kooperative Spiel von Operation Raccoon City mit seinem Hop-in/Hop-out-System bestraft jedoch all jene Spieler, die nicht darauf achten, eine ausgewogene Gruppe von Kämpfern zusammenzustellen, denn es passiert sehr oft, dass man in ein Spiel einsteigt und erkennen muss, dass die Klasse, die man bis zum Maximum verbessert hat, schon von einem anderen Spieler gewählt wurde. Ja, ihr Team ist auf ein Mitglied einer jeden Charakterklasse beschränkt, weshalb all die Erfahrungspunkte, die Sie in die Schaffung eines gewieften Aufklärers gesteckt haben, wertlos sind, wenn schon ein anderer Spieler diese Klasse gewählt hat. Das Spiel wurde anscheinend extra so gestaltet, damit sich die Spieler nicht ausschließlich auf eine Klasse konzentrieren können, aber irgendwie wirkt dieses System wie eine Strafe.
Leider finden sich auch einige Gameplay-Elemente, die wirken, als hätte man sie gestaltet, um die Spieler zu bestrafen, was vor allem daran liegt, dass sie schlecht implementiert wurden. Fast alle diese Elemente fallen in die Kategorie „nicht ausgeschöpftes Potenzial“, denn die meisten von ihnen hätten mit besserer Umsetzung wirklich gut werden können. So wartet das Spiel etwa mit einem Deckungssystem auf, das kaum funktioniert, weshalb es nicht zu einer Bereicherung, sondern zu einer ärgerlichen Behinderung wird. Es ist sehr leicht, hinter Objekten in Deckung zu gehen, aber wenn man sich dann an den Rand selbiger bewegt, kann man nicht hervorblicken, wie das in Genrestandards wie Gears of War der Fall ist, sondern man bewegt sich ganz aus der Deckung heraus, wodurch man zur leichten Beute für den Feind wird. Es handelt sich um eines der schlechtesten Deckungssysteme, die mir bis jetzt in einem Videospiel untergekommen sind.
Operation Raccoon City wartet mit zwei Mechaniken auf, die ich noch nie gesehen habe, aber leider funktionieren beide nicht so gut, wie man sich wünschen würde. Dass man, wenn man von einem Zombie infiziert wird, einen antiviralen Spray benötigt, um sich zu heilen, hätte für sehr nervenaufreibende Momente sorgen können, aber das ist leider nicht der Fall. Da die Zombies einen im Prinzip ignorieren, sobald man infiziert ist, kann man einfach durch den Rest des Levels sprinten, bis man die nächste filmische Zwischenszene erreicht, die auf magische Weise dafür sorgt, dass man geheilt wird. Dann gibt es auch noch die Mechanik des Blutens. Wenn man von einem Soldaten angeschossen wird, beginnt man zu bluten, was alle Zombies in der Nähe anlockt. Da jedoch überall grüne Kräuter und Heilungssprays zu finden sind, muss man nur einige Schritte tun, um wieder so gut wie neu zu sein. Beide Systeme hätten für mehr Spannung und Aufregung im Spiel sorgen können, was ihm wirklich gut getan hätte, aber so wirken sie, als hätte man sie hintennach schnell eingefügt. Stattdessen sorgt all das andere, das im Spiel falsch gemacht wurde, für dramatische Momente.
Es gibt auch unzählige technische Fehltritte. Ihre von der AI gesteuerten Teamkollegen sind einfach idiotisch und begehen immer wieder Selbstmord, obwohl sie alles unternehmen sollten, um am Leben zu bleiben. Hätte ich für jedes Mal, da ein Teammitglied durch einen Korridor mit leicht zu erkennenden Laser-Stolperdrähten rannte, einen Euro bekommen, könnte ich mich schon zur Ruhe setzen. Das Erkennen (oder Nichterkennen) von Treffern ist auch ein riesiges Problem, vor allem in Verbindung mit dem oben erwähnten Deckungssystem. Das langwierige Suchen und Herumwerken, um Objekte auf dem Boden zu aktivieren, ist die einzige Sache, die noch frustrierender ist, als mitanzusehen, wie Ihre Kugeln eine unsichtbare Barriere treffen und nicht den Guckguck spielenden Feind, der sich eindeutig außerhalb der Deckung befindet. Während eines Spieles starb ich immer wieder bei dem Versuch, einen gefallenen Kameraden zu heilen. Statt den armen Kerl zu heilen, ging ich immer wieder in die Knie, um irgendwelche Waffen vom Boden aufzuheben. Dies ist eines der seltenen Co-op-Spiele, die nicht besser werden, wenn man sie mit Freunden spielt, denn auch Ihre besten Kumpel können an den technischen Fehlern und den Designmängeln nicht das Geringste ändern.
All diese Probleme verschärfen sich noch in den Multiplayer-Modi. Mit anderen Spielern gemeinsam Horden von Zombies zu bekämpfen, die von der AI gesteuert werden, sollte viel Spaß machen, aber hier ist es nur frustrierend. Zwar werden auch Versionen der gewohnten Multiplayer-Modi wie Capture the Flag geboten, aber die meisten werden sich wohl zunächst dem neuen „Survivors“ Modus widmen. Theoretisch ist dieser Modus sehr solide – zwei Teams von je vier Spielern kämpfen gegeneinander, während sie darauf warten, von einem Hubschrauber gerettet zu werden, der nur vier Leute aufnehmen kann (ja, man darf nicht zu genau darüber nachdenken). Wenn der Hubschrauber jedoch endlich auftaucht und die Spieler versuchen, ihn zu besteigen, werden sie mit Granaten eingedeckt.
Als wäre das noch nicht schlimm genug, begeht Operation Raccoon City auch noch die Todsünde schlechten Kartendesigns. Das unerhörteste Beispiel ist das Fehlen dynamischer Spawn-Punkte. Während etlicher der Matches, die ich spielte, steckten mein Team und ich in einer kleinen Garage fest, wo wir nach dem Tod „auferstanden“, weil diese vom Feind umstellt war. Wir vergeudeten so etliche Leben und hatten eigentlich keine Chance auf Erfolg, was eine ohnehin nicht sonderlich erbauliche Spielerfahrung noch unerfreulicher machte. Noch schlimmer war, dass sich dies im Survivors Modus ereignete, bei dem sich die Respawn-Zeit mit jedem Tod um wertvolle Sekunden verlängert. Nicht in der Lage zu sein, den Hubschrauber zu erreichen, weil man keine Gelegenheit zum Respawn hat, ist beschissen. Das Spiel erlaubt auch keine Fortbewegung auf verschiedenen Ebenen, weshalb Sie nicht einmal einen halben Meter hinunterspringen oder Hindernisse überqueren können, über die selbst ein Kleinkind klettern könnte. Ich hatte gehofft, der Multiplayer-Teil würde den üblen Nachgeschmack der Kampagne vertrieben, aber dem war leider nicht so.
Zu sagen, dass Resident Evil: Operation Raccoon City eine verpasste Gelegenheit ist, wäre eine große Untertreibung. Theoretisch hätte das Spiel ein im Resident Evil-Universum angesiedeltes Third-Person Left 4 Dead werden können, also etwas, das jeden Fan von Zombie-Shootern begeistert hätte. Doch Operation Raccoon City verdient nicht nur nicht, in einem Atemzug mit Valves Zombie-Tötungs-Meisterwerk genannt zu werden, es ist aufgrund etlicher schlechter Designentscheidungen, technischer Mängel und der nicht überzeugenden Handlung eines der schlechtesten Resident Evil-Spiele bisher.
PRO: Abwechslungsreiche und zahlreiche Klassenfähigkeiten; idiotische AI-Teammitglieder sorgen für Lacher; wenn man es durchgespielt hat, muss man es nie wieder spielen.
CONTRA: Das Deckungssystem; beim Versuch, jemanden zu heilen, hebt man immer wieder Waffen vom Boden auf; Ärger, dass man das Spiel überhaupt gekauft hat.
Abschließende Bewertung
Spiel: 3,5
Spaßfaktor: 3,0
Das Spiel wurde während des Tests vor allem auf der Xbox 360 gespielt. Ich spielte jedoch einige Abschnitte auch auf der PlayStation 3, um herauszufinden, ob es große Unterschiede gibt, konnte aber keine entdecken.
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