Sunflower Bean: Twentytwo in Blue (Lucky Number)
Als dieses Trio aus Brooklyn mit dem 2016 erschienenen Album Human Ceremony, mit Band-T-Shirts und zotteligem Haar erstmals auf sich aufmerksam machte, sahen die Musiker wie archetypische Indie-Rockers aus. Zwei Jahre später ist Sängerin/Bassistin Julia Cumming der Inbegriff von „blond chic“, während die sorgfältig gestutzten Schnurrbärte und frisierten Locken von Gitarrist/Sänger Nick Kivlen und Schlagzeuger Jacob Faber eher an die Soft-Rock-Größen der 70er erinnern. Diese Metamorphose spiegelt sich auch in ihrer Musik wider, die sich aus einer melodiösen Mischung von Shoegaze, Grunge und Psychedelia in ein größeres, mutigeres Biest mit mächtigen Riffs, Geklimper im Stil der Byrds, funkigeren Rhythmen und frecherem, verträumterem Gesang verwandelt hat. Mitunter erinnern sie an Fleetwood Mac zur Zeit von Rumours.
Diese Neuerfindung spiegelt den Umstand wider, dass sie nun den Teenager-Jahren entwachsen (sie nahmen ihr Debütalbum auf, als sie 19 waren) und nun junge Erwachsene sind, die angesichts der Veränderungen der Welt rund um sie ein gewisses Unbehagen empfinden. „Burn It“, der erste Song dieses neuen Werks, bring zum Ausdruck, dass ihnen die Veränderungen, die sie bei den Leuten und in der Umgebung wahrnehmen, zu schaffen macht (“This town, I’ll burn it to the ground”). Andere Songs, etwa „Memoria“ und „I Was a Fool“, sind mit Emotionen, Sehnsucht und einer wehmütigen Nostalgie für unschuldigere Zeiten aufgeladen. Auf dem exzellenten „Twentytwo“ beschwört Cummings den Geist von Stevie Nicks in ihren schmachtendsten Momenten herauf.
Die Atmosphäre der Unzufriedenheit erstreckt sich nur einmal auf das Gebiet des Politischen – aber mit einem Knall, denn der Glam-meets-Garage-Rocker „Crisis Fest“ zieht über Trumps USA, Studentenkredite, Nuklearwaffenarsenale und das, was die Jungen erwartet, her: “There’s a coup in our country, and it’s happening now.”
Doch sie haben sich nicht ganz gehäutet. Es finden sich nach wie vor Anklänge an Velvet Underground, Shoegaze und verträumt pyschedelische Balladen im Stil der 60er. Dies ist eine überzeugende Neuausrichtung einer Band, deren Zukunftsängste mit der Euphorie musikalischer Befreiung zusammengefallen sind.
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