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Dungeon Siege 3: Der Spaß-und-Spiele-Test

 

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Die dritte Belagerung der Dungeons erschien vor ein paar Wochen. Der Beute-und-Töten-Fandango wurde von den Leuten von Obsidian gestaltet, die das Zepter von Gas Powered Games übernahmen. In den vergangenen Tagen habe ich wie wild mit der Maus geklickt – und diese Beschäftigung habe ich nun in Worte gefasst.

Das Erste, was mich bei einem Dungeon Crawler interessiert: Kann ich Tiere herbeirufen? In irgendwelchen Steinkorridoren lautlos Monster kaputt zu hauen, kann ein ziemlich einsames Vergnügen werden. Außerdem bin ich recht faul – wenn ein mich begleitendes Tier die Hälfte der Arbeit erledigt, muss ich nicht so viele Zahlentasten drücken. An die Arbeit, mein pelziger Freund.

Dungeon Siege III kann zumindest in dieser Beziehung zufriedenstellen. Meine Strümpfe tragende Pistolenschützin kann einen Spektralhund beschwören, der Feinde beschäftigt, damit sie diese aus sicherer Entfernung abschießen kann. Zusätzlich kann einer der AI-gesteuerten Begleiter (man kann nie mehr als einen Begleiter zur gleichen Zeit haben) einen brennenden Hund herbeirufen. Es ist ein wahres Hundegemetzel.

Kämpfende Hunde sind jedoch kein bestimmendes Merkmal von Dungeon Siege III, da sie schon nach einigen Minuten wieder verschwinden und keine ständigen Begleiter sind, aber ihre symbolische, doch dramatische Präsenz weißt auf einen tiefen Konflikt im Spiel hin. Es findet sich darin etwas Exzessives und Groteskes, das unbedingt hervorbrechen möchte, aber in der formelhaften Hack’n’Slash-Struktur, den ermüdenden Dialogen und der ziemlich faden optischen Gestaltung gefangen bleibt.

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„Formelhafte Hack’n’Slash-Struktur“ zu schreiben, ist doch etwas dumm, oder nicht? Hack’n’Slash-Spiele sind von natur aus formelhaft, und der Reiz dieser Spiele besteht nicht im Erleben großer Abenteuer, sondern im Töten möglichst vieler Feinde und Einsammeln von wertvollen Gegenständen und Gold, und zwar so lange, bis die Finger blutige Stümpfe und die Augen blutunterlaufen sind. Dungeon Siege III bietet genau das – dieser Test erscheint deshalb um einiges später als geplant, weil ich immer wieder zu dem Spiel zurückkehrte, und zwar unter dem Vorwand „Ich sollte das noch ein wenig genauer unter die Lupe nehmen, bevor ich mich ans Schreiben mache, denn vielleicht findet sich in dieser Nebenmission etwas Wichtiges, das alles verändert“. Natürlich habe ich mich damit ständig selbst belogen – ich kehrte immer wieder zurück, weil das Spiel die angenehme, selbst gewählte Langeweile und das sehr vorübergehende Gefühl von Erfolg bietet, das mit klick, klick, klick, klick, stirb, stirb, stirb, stirb einhergeht.

Das Problem ist nur, dass mir an Dungeon Siege III nicht das Geringste auffiel, das besser wäre, als das, was unzählige andere Titel dieses süchtig machenden Subgenres zu bieten haben. Es verfügt nicht über die CGI-unterstützte Story oder das ständig zunehmende Gefühl des Verderbens von Diablo, es bietet nicht den unbeschwerten Spielspaß von Torchlight…und es verzichtet leider auf das organische Fähigkeitenverbesserungs- und Gefolgesystem von Dungeon Siege. Nur der Name und ein Hintergrundgesumme von Ehb-Legenden machen Dungeon Siege III zu einem Dungeon Siege-Spiel – zieht man dies ab, könnte es sich um jeden beliebigen Dungeon Crawler handeln. Und obwohl das Spiel optisch viel auffälliger und üppiger geraten ist, stellt es in vielen Belangen einen Rückschritt gegenüber Dungeon Siege dar, denn es wirkt allzu vertraut und simpel.

Am ehesten findet es noch beim Fähigkeitensystem zu seiner Identität. Es handelt sich dabei um ein flüssiges und elegantes System, das das rasche Wechseln zwischen zwei unterschiedlichen Trios von Fähigkeiten ermöglicht – im Falle meines Charakters ein Set, das besonders für Horden von feinden geeignet ist, und eines, das vor allem gegen einzelne starke Feinde sehr effektiv ist – und sich sehr bemüht, alle Zahlen zu verbergen und die Fähigkeiten nur in Form großer, freundlicher Icons zu präsentieren, auf die man nur klicken muss, wenn man sie nach dem Erreichen des nächsten Levels verbessern möchte.

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Dungeon Siege III lässt sich wahrscheinlich am ehesten mit Konsolen-Hack’n’Slash-Spielen wie Baldur’s Gate: Dark Alliance vergleichen, denn die verschiedenen Kräfte sind nicht nur nützlich, sondern sehen bei Anwendung auch toll aus. Doch es finden sich auch leichte Strategie-Einflüsse. Zum Beispiel lassen sich verschiedene Fähigkeiten miteinander zu verbinden, um so den gelegentlichen großen bösen Boss schneller zur Strecke zu bringen, und auf unterschiedliche Weise verbessern (man kann um die sechs Punkte in jede Fähigkeit investieren und dabei bei jedem einzelnen entscheiden, ob er der rohen Kraft zugute kommen soll oder einem Bonuseffekt wie zum Beispiel Heilen), wodurch es möglich ist, den eigenen Charakter eher in Richtung eines gewieften Selbstheilers zu entwickeln oder ihm zu ermöglichen, öfter kritische Treffer zu landen.

Dennoch ist die Spielerfahrung oft so trocken wie ein Sperrholz-Sandwich. Für jede Kraft, die etwas optisch Beeindruckendes bewirkt (wie etwa das Herbeirufen von Hunden oder die Fähigkeit, sich in eine lebende Fackel zu verwandeln), gibt es mindestens zwei, die nur ein kurzzeitiges schwaches Glühen und eine Veränderung von Zahlen zur Folge haben. Es ist eine erkleckliche Anzahl an Nebenmissionen vorhanden (von denen man etliche erfüllen muss, um über ausreichend Stärke für die Hauptaufgaben zu verfügen), aber diese erschöpfen sich zumeist in langen, einander sehr ähnlichen Mordausflügen durch weitere Gänge und sind nur selten interessante abenteuerliche Abstecher. Einige der todlangweiligen Konversationen zwischen den Missionen bieten Antwort-Optionen, von denen einige wenige einen kaum erklärten positiven Effekt auf den Sie begleitenden NPC haben, während es meistens völlig gleichgültig ist, welche Worte Sie anklicken. Dungeon Siege III ist ein Spiel, bei dem man den linken Mausknopf drückt, bis alles tot ist – es wäre besser geworden, wenn man sich darauf konzentriert hätte, diesen Aspekt so glänzend und abwechslungsreich wie möglich zu gestalten, anstatt alles mit wenig fesselnden Zwischensequenzen vollzustopfen.

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Mitunter schleicht sich jedoch so etwas wie echter Charakter ein – die Steampunk-Roboterwächter einer großen Stadt stammen zum Beispiel direkt aus dem Guide für das höfliche androhen schrecklicher Gewalt von HK-47 und sind so eine willkommene Abwechslung von den endlosen, unendlich ernsthaften Variationen von Basil Exposition. Selten bietet eine Nebenmission, etwa das Spukhaus, optische und atmosphärische Abwechslung und wartet mit Eindrücken auf, an die man sich auch nach ein paar Wochen noch erinnern kann, aber diese Momente wirken isoliert inmitten all der nur allzu vertrauten Fantasy-Langeweile. Irgendwo verbirgt sich mit Sicherheit eine intelligente und unterhaltsame Geschichte, aber sie materialisiert sich nie wirklich. Der Autor hat sich bestimmt Mühe gegeben. Die zu erbeutenden Gegenstände tragen Namen wie „Stockings of Rage“ (Strümpfe des Zorns) – nun ja, die Vorstellung von wütenden Strumpfwaren brachte mich zu Lächeln, aber ich hatte nicht da Gefühl, dass hier gescherzt wurde.

Irgendwann wird das Spiel kühner und findet den Weg hinaus aus den Textbuch-Wäldern und hin zu wilderen Umgebungen wie von Kanonen belagerten Eisländern und Zwergenhöhlen mit schwebenden Plattformen und riesigen Ventilatoren, die aus behauenen Edelsteinen gefertigt sind. Der Plot findet sogar zu einer eigenen Stimme und erkundet graue Bereiche, aber es dauert viel zu lange, bis es soweit kommt, und das Gebotene ist meilenweit von den Geschichten entfernt, wie sie Obsidian in den besten Momenten zu bieten imstande ist. Je länger man spielt, desto besser gefällt einem das Spiel. Irgendwann scheint es eine eigene Identität zu finden, aber es gibt Probleme, die es einfach nicht zu überkommen vermag.

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Dungeon Siege III kriegt nicht einmal das mit der Beute richtig hin, obwohl es ganze Schiffsladungen davon gibt. Während das Verbessern der Fähigkeiten mit großen Icons und Prozentangaben leicht von der Hand geht, werden die erbeuteten und gefundenen Gegenstände mit zusätzlichen, recht kryptischen Werten wie Doom (Tod), Momentum (Wucht oder Schwung) und Chaos gekennzeichnet. Manche lassen sich leicht entschlüsseln, aber wenn in vielen Fällen muss man, wenn man wissen will, was wirklich besser ist, irgendwelche Foren oder Wiki-Seiten aufsuchen. Ist +4 Momentum besser als +12 Beweglichkeit? Ich habe nicht die geringste Ahnung.

Stattdessen rüste ich mich einfach mit dem aus, was laut Spiel am meisten wert ist, und verkaufe den Rest. Das geht zwar rasch und einfach vonstatten, aber zusammen mit der recht starren Natur der Klassen-Archetypen bekommt man so nicht das Gefühl, eine bestimmten Typen oder Charakter zu kreieren. Stattdessen verbessere ich meine kleine Tötungsmaschine nach und nach im vom spiel vorgegebenen Tempo und kümmere mich nicht weiter darum, was der von mir eben gefundene magische Haarclip (ja, wirklich, kein Witz) genau bewirkt. Ich habe nicht das Gefühl, mein Spiel oder meinen Charakter zu spielen – das Ganze ist im Grunde ein wenig anspruchsvolles Vorwärtsstürmen durch diverse Todeskorridore.

Auf dem PC tun sich noch mehr Probleme auf. Die fehlende Unterstützung von 16:10 Monitoren (nur konsolenfreundliches 16:9) bedeutet, dass sich PC-Spieler mit dicken schwarzen Balken oben und unten auf Widescreen-Schirmen abfinden müssen. Das ist umso unverzeihlicher, als es eine Frage von Sekunden ist, selbst ein .ini Datei zu verändern und so für 16:10 zu sorgen. Dann ist da noch der Umstand, dass man Tastenkombinationen nicht wieder verbinden kann und dass man durch Drehen des Scrollrads nicht hinein- und hinauszoomt, sondern wild zwischen extremer Nahaufnahme und nicht ganz Vogelperspektive hin und her springt. Dreht man das Rad einen Millimeter nach hinten, schwebt man wie ein Vogel über dem Geschehen; zwei Millimeter nach vorne, und man sitzt seinem Charakter auf der Schulter.

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Es ist offensichtlich, dass der PC-Version wesentlich weniger Aufmerksamkeit gewidmet wurde als ihren Station- und Box-Cousins. Obwohl Patches versprcohen wurden, entschuldigt das nicht dafür, dass die PC-Version mit so vielen grundlegenden und auffälligen Fehlern veröffentlicht wurde. Abgesehen davon ist klar, dass Dungeon Siege III für die Konsolen viel besser geeignet ist als für den PC - das Spiel animiert zum Knöpfedrücken, es ist Pop, es ist unmittelbar, es bietet Splitscreen-Co-op…Das sind lauter ehrenwerte Dinge, aber sie haben zu einem PC-Spiel geführt, dass sich kaum von den Vorgängern und von mehrere Jahre alten Rivalen unterscheidet. Es spricht Bände, dass es sich mit dem Gamepad viel angenehmer und problemloser spielen lässt als mit Tastatur und Maus – da macht sogar die verrückte Kamera irgendwie Sinn.

(Apropos Co-op: Der Remote-Multiplayer ist vermutlich eines der Hauptargumente für den Erwerb des Spiels. Allerdings kann ich auch nach einigen Co-op-Partien nicht gerade behaupten, dass dadurch aus einem eher durchschnittlichen Spiel ein Superhit wird.)

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Selbstverständlich habe ich Dungeon Siege III trotz seiner offensichtlichen Mängel stunden- und tagelang gespielt, Arbeit und Freunde vernachlässigt, mich ausschließlich von Chips und Schokoriegeln ernährt…So geht es einem nun einmal mit solchen Spielen, nicht wahr? Es ist ein solides Hack’n’Slash-Spiel mit abwechslungsreichen Umgebungen und einigen interessanten Fähigkeiten, weshalb ich immer weiterspielte - aber wenn man Spiele wie Torchlight und Titan Quest für ein paar Euro bekommt (diese beiden Spiele sind um einiges attraktiver und charaktervoller), kann man kaum empfehlen, Dungeon Siege III zum vollen Preis zu erwerben. Wenn es irgendwann ein Update geben sollte, dass die PC-Steuerung verbessert und die Darstellung der Statistiken anders gestaltet, wird mir Dungeon Siege III sicher besser gefallen. Bis dahin warte ich lieber auf Diablo III.

PRO: Lokaler und Online Co-op-Modus; jeder Charakter spielt sich anders und hat seine eigene Geschichte; gelungenes Fähigkeitensystem.

CONTRA: Zu komplizierte Steuerung und zu kompliziertes Gameplay; schlechte Audioqualität; Co-op erinnert mehr an Arcade als an Rollenspiel; das Abenteuer ist nicht gerade lang; wenig abwechslungsreiche Nebenaufgaben.

Spiel: 5,75

Spaßfaktor: 5,5

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