Das viele Blut kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass es mit der Serie bergab geht.
Ninja Gaiden 3 ist ganz Mord, vergisst darüber aber auf eine ordentliche Umsetzung. Die Entwickler legten das Hauptaugenmerk auf die Peripherie und vernachlässigten dabei die Kampfmechaniken, weil sie zu sehr damit beschäftigt waren, den ganzen Bildschirm mit Blut vollzuspritzen und verzweifelt nach dem kleinsten Anzeichen von Reue bei dem Protagonisten Ausschau zu halten. Als Resultat war die Reihe noch nie so zugänglich, aber auch noch nie so beliebig.
Irgendwo in dem Spiel verbirgt sich noch das gewohnte Uhrwerk von Ninja Gaiden, wenn auch seiner Komplexität beraubt. Das Tempo und die Flüssigkeit der Bewegungen überwinden die vermeintliche Distanz zwischen dem Gedanken und der Reaktion auf dem Bildschirm und es macht Spaß, einen verwundeten Gegner nach dem anderen zu töten, nachdem man sie mit unzähligen Schwerthieben eingedeckt hat. Und der Izuna Drop, bei dem man den Gegner in die Luft wirbelt, ehe man ihn mit dem Kopf voran in den Boden rammt, ist und bleibt einer der besten (und sichersten) Moves im Actionspielgenre. Wenn man sich wegen all dieses brutalen Tötens schlecht fühlen soll, wie es nach einem Fluch angeblich auch bei Ryu der Fall ist, sollte es wahrscheinlich nicht gar so viel Spaß machen.
Einige der Vereinfachungen in Ninja Gaiden 3 machen durchaus Sinn – Auf Nimmerwiedersehen, ablenkende Collectibles! -, aber die meisten haben einen schädlichen Einfluss auf das ganze Spiel. Da alle Waffen mit Ausnahme des Dragon Sword (und ähnlicher Klingen) beseitigt wurden, musste man zwangsläufig auch die Abwechslung unter den Feinden verringern, was wiederum zur Folge hat, dass man die einmal zurechtgelegten Kampfmuster kaum variieren muss. Das Spiel bestraft Sie, wenn Sie zu lange in starrer Verteidigung verharren, aber Ihre Ausweichmanöver können auch Animationen unterbrechen und in Combos eingebaut werden, weshalb die Flucht immer einfach und risikolos ist.
Dasselbe kann über Ryus Bogen gesagt werden, der sich automatisch auf wichtige Ziele einstellt und sogar die Zeit verlangsamt. Dass er auch mitten in der Luft eingesetzt werden kann, bedeutet zweierlei: Sie werden im Sprung und im Flug zu einem unantastbaren Gott – und niemand hat das richtig durchdacht. Während Sie töten, lädt sich Ihre Magie besonders schnell auf (was wiederum Sinn macht) und bestraft dann alle im Raum mit einer Animation, die sich im Laufe des Spiels nie ändert.
Im letzten Viertel von Ninja Gaiden 3 werden Sie mit stärkeren Monstern und herausfordernden Kombinationen von Gegnern konfrontiert, was von Ihnen genaue Überlegung verlangt, in welcher Reihenfolge Sie diese ausschalten, sowie bedachteren Wechsel zwischen Angriff und Verteidigung, aber zu diesem Zeitpunkt wirkt es wie das letzte Röcheln des alten, kampfspielartigen Designs, das die Serie so elektrisierend machte. Der Hard (schwer) Modus hilft da auch nicht weiter – während in früheren Spielen höherrangige Feinde warteten und die Aggressivität der AI gesteigert wurde, wird in Ninja Gaiden 3 einfach die Zahl der Feinde so lang vergrößert, bis die Framerate absackt. Die Xbox 360-Version schafft es zwar nicht, durchgehend eine Rate von 60 Frames pro Sekunde aufrechtzuerhalten, doch der Abfall der Framerate auf der PlayStation 3 ist empörend.
Wirklich traurig, aber auch nicht überraschend - wenn man bedenkt, wie stark sich Team Ninja bei Metroid: Other M aufs Melodrama konzentrierte – ist der Umstand, dass nach all den Veränderungen und Anpassungen noch immer so viel Dämliches übriggeblieben ist. Manche momente kann man einfach nicht ernst nehmen und es gibt sicher kaum jemandem, der dem Charme eines Kampfes zwischen Ninja und kybernetischem Dinosaurier widerstehen kann, aber andere Ideen sind zu furchtbar, als dass man sie ignorieren könnte. Das Erklimmen von Wänden ist eine Übung in Langeweile und das schnell vergessene Liebäugeln des Spiels mit „Stealth“ reduziert sich auf das Erstechen eines Mannes, der wehmütig aus dem Fenster starrt und sich fragt, warum Gott nicht dafür sorgen konnte, dass er in die andere Richtung sieht.
Mizuki, die sich kleidet, als hätte sie einen richtigen Job, ist ein fast respektabler weiblicher Charakter, aber ihre Position als Beobachterin der Missionen und Ratgeberin wird ziemlich fragwürdig, als sie zu Ryu sagt: „Manchmal vergesse ich, das Du ein Ninja bist.“ Um der Wahrheit die Ehre zu geben, Ryu wird zu einer Art Regierungsagent. Er wird engagiert und nach London geschickt, weil böse Alchemisten seine Anwesenheit fordern… Ich wusste gar nicht, dass Regierungen Forderungen von Terroristen sofort erfüllen.
Wenden wir uns wieder vernünftigeren Dingen zu, etwa den Co-op-Missionen für zwei Spieler. Sie funktionieren gut als Wir-gegen-sie-Spektakel gegen alle Feinde, die Ninja Gaiden 3 zu bieten hat. Leider wurden die Bosse nicht an Angriffe von zwei Gegnern zugleich angepasst. Im Menü ist auch der Vier-gegen-vier-Wettkampf-Multiplayer zu finden, aber der muss – MUSS – mit einem Satz abgetan werden. Sie müssen nur wissen, dass es ein Achievement dafür gibt, wenn Sie sich selbst töten. Sie werden es sehr schnell erringen.
Ninja Gaiden 3 verzichtet auf fast alles, was die Serie so großartig machte: herausfordernde Kämpfe, verschiedenartigste Waffen, interessante Feinde und die legendäre Schwierigkeit. Dafür erhält man nun eine 08/15-Geschichte, protzige Finishing Moves, jede Menge Blut und wildes Buttondrücken. Falls Sie der enorme Schwierigkeitsgrad bisher vom Einstieg in die Serie abgehalten haben sollte, werden Sie bald erkenne, dass die leichtere Zugänglichkeit dieses Titels keine attraktivere Option ist. Newcomer werde sich wohl fragen, was daran so toll sein soll. Ich legte sogar Ninja Gaiden II ein, um genau festzustellen, was im dritten Spiel alles fehlt. Nach einigen Kämpfen wollte ich dieses Spiel gar nicht mehr aus dem Laufwerk nehmen und Ninja Gaiden 3 lieber für immer in seiner Plastikhülle lassen.
PRO: Bosskämpfe; das Ausführen von Combos… sofern das Spiel nicht alles mit Kill Cams zunichte macht; die Tötungsanimationen sind cool… zunächst.
CONTRA: Das Gameplay unterscheidet sich völlig von allem, was die Serie so großartig machte; 08/15-Feinde; keine zusätzlichen Waffen, Gegenstände und auch keine zusätzliche Magie.
Abschließende Bewertung
Spiel: 3,5
Spaßfaktor: 3,25
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