Das Puzzle-/Rätsel-Genre ist das letzte, in dem ich erwartet hätte, ein Spiel zu finden, dass dafür sorgt, dass ich mich schuldig fühle, wenn ich töte. Ich habe mich in The Swapper wohl schon mehrere hundert Male selbst ermordet, aber es wird nie leichter.
„Sie sind nicht wirklich ich“, sage ich mir selbst. „Sie leben nicht.“ Rein technisch gesehen, stimmt das. Das Herzstück von Facepalm Games' prämiertem Indie-Puzzler ist künstlich: seelenlose Klone, die durch futuristische Technologie kreiert wurden. Stumpfsinnige Golems, die zum Leben erweckt wurden, im wahrsten Sinne des Wortes aus Ton – das gesamte Spiel wurde unter Verwendung von Ton und anderer alltäglicher Materialien händisch geschaffen. Sie bewegen sich nur, wenn ich mich bewege, Spiegelbilder mit Gewicht und Substanz.
Zunächst ist die Swapper Gun, die mein namenloser Astronaut entdeckt, nachdem er die dem Untergang geweihte, Theseus Raumstation verlassen hat, ein praktisches Werkzeug. Allem Anschein nach hat niemand sonst die seltsame Seuche überlebt, von der die Anlage – ein einfaches Forschungslabor, in dem eigenartige außerirdische Felsen analysiert wurden – heimgesucht wurde. Wenn Sie also in eine Situation kommen, in der mehr als ein Knopf gedrückt werden muss, ist es ein wahres Geschenk des Himmels (auch wenn das in diesem Fall wahrscheinlich nicht der richtige Ausdruck ist), dass Sie einfach so aus der Luft vier leere Hüllen erschaffen können.
Aber schon kurz darauf erwarb ich die Fähigkeit, mein Bewusstsein in diese geschaffenen Hüllen zu übertragen, also meinen freien Willen wie eine umgekehrte Kugel aus meinem Körper auszusenden. Ich verschoss meine Seele mit einer Schusswaffe, worauf an meiner Statt nur eine Puppe aus Fleisch zurückblieb.
Wie befreiend es ist, auf einem Lichtstrahl von einem Körper zum nächsten zu reiten! Wenn ich die Funktionen der Swapper Gun kombinierte, konnte ich alles tun. Ich konnte mich durch die engsten Spalten zwängen. Ich konnte sogar fliegen, aber Obacht...
Sehen Sie diese zerknautschte Form, die unten in der Grube zu Staub zerfällt? Das ist der Preis, den ich für die Freiheit von den Gesetzen der Natur bezahle – ich muss mitansehen, wie ich selbst immer und immer wieder sterbe. Je höher ich fliege, desto mehr Leichen hinterlasse ich auf dem Boden unter mir.
Wenn eine körperliche Hülle wert ist, eine Seele zu beherbergen, verdient sie dann nicht auch eine länger andauernde Existenz?
Ich versuchte mein Bestes, diese Frage zu ignorieren, während ich die weitgehend verlassene Weltraumstation erkundete. Ich versuchte, mich in der Story eines schrecklichen Missverständnisses zwischen Wissenschaftern und Subjekten zu verlieren, die sich durch eine Reihe von Systemlogs (Tagebüchern) entfaltet, die auf Computerterminals zu finden sind, die im Dunkeln flackern....
...und durch die Songs der seltsamen Alien-Steine, die in Rätseln sprachen, wann immer ich an ihnen vorüberkam.
Ich konzentrierte mich auf die Rätsel, brillant gebaute Wunder verschachtelter Logik, bei denen der Weg von Punkt „A“ zu Punkt „B“ nur bewältigt werden kann, wenn man den Level mit Duplikaten bevölkert und dann zwischen diesen mit höchster Präzision herumtanzt. Ich lernte, mich vor den roten und blauen Lichtern zu hüten: erstere hindern mich daran, den Seeelentausch (soul-swapping) vorzunehmen, während letztere die Schaffung von Klonen verhindern.
Ich schwelgte in der Atmosphäre (oder bisweilen auch in dem Fehlen ebendieser), die von den Entwicklern Otto Hantula und Olli Harjola kreiert wurde, ein wundersames Gebräu aus von Hand gefertigten Umgebungen, minimalistischer Beleuchtung und atmosphärischer Musik, das für einen Science-Fiction-Titel fast zu magisch ist.
Und ich schmunzelte, als ich erkannte, dass dieses PC-Spiele, wie so viele mobile Puzzler, die ich in letzter Zeit spielte, im Grunde einer sehr einfachen Formel folgt – Rätsel bewältigen, dabei genügend „Sterne“ verdienen um das nächste Set freizuschalten, weitere Rätsel lösen, mehr Sterne verdienen. Wenn die Entwickler dieser Mobiltitel nur die Zeit und di Ressourcen hätten, ihre Denkspiele mit einem Rahmen zu umgeben, wie es Facepalm Games hier gelungen ist...
Ich versuchte, mich von meinen zahllosen unvorsichtigen Toden abzulenken, aber sie verfolgen mich genauso wie der Anblick der vielen toten Jackmans in der Filmversion von The Prestige oder jeder Jamie Madrox, der je im Einsatz starb.
Am Ende von The Swapper steht der Spieler vor einer schwierigen Entscheidung, aber in meinem Fall war sie nicht allzu schwierig. Nachdem ich viele Stunden damit zugebracht hatte, zahllose Scheinbilder zu kreieren und zu zerstören, war mein Schicksal besiegelt – es gab keinen Zweifel. Die Schwere einer jeden letzten, endgültigen Entscheidung wird von den Stunden existentieller Dekonstruktion, die ihr vorausgehen, bei weitem übertroffen.
PRO: Exzellent ersonnene Rätsel; wunderbar ausgearbeitete Umgebungen; die beste Idee seit Portal.
CONTRA: Angesichts der vielen toten Klone fühlt man sich irgendwann wie ein richtiges Monster; manche Rätsel sind verdammt schwierig.
Abschließende Bewertung
Spiel: 9,0
Spaßfaktor: 8,25
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