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RAGE - Der Spaß und Spiele Test

 

Überraschend unterhaltsame Fahrzeugkämpfe und eine farbenfrohe postapokalyptische Welt machen Rage zu einem leicht überdurchschnittlichen First-Person-Shooter

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RAGE ist nicht, was Sie glauben, das es ist.

Es ist am leichtesten, Ihnen gleich zu Beginn zu sagen, was RAGE nicht ist. Es ist nicht wie Fallout 3. Es ist nicht wie Borderlands. Es ist kein Rollenspiel, obwohl id und Bethesda reichlich Rollenspielterminologie benutzten, um es zu beschreiben. Es hat auch nicht viel von einem Open-World-Spiel an sich. Es ist nicht sehr lang.

Und leider ist es auch nicht der große Wurf, den sich die Fans von id erhofft haben.

Falls Sie die Marketing-Kampagne von RAGE nicht mitverfolgt haben sollten, hier kurz die Prämisse: Ein Asteroid ist auf Kollisionskurs mit der Erde. Um das Überleben der Menscheit sicherzustellen, werden tausende spezielle ausgewählte Personen mit Nanotechnologie „verbessert“, kryogenisch eingefroren und in Archen unter der Oberfläche des Planeten begraben, um später, wenn die Nachwirkungen der Katastrophe abgeklungen sind, wieder hervorzukommen und mit dem Wiederaufbau zu beginnen.

Da es sich hier um ein Videospiel handelt, verläuft nicht alles nach Plan. Ihr Charakter erwacht nach 106 Jahren und muss feststellen, dass alle anderen in der Arche mumifiziert sind. Er ist mit einer Welt konfrontiert, die sich völlig verändert hat.

Der erste Blick auf das Wasteland (Ödland/Wüste) ist beeindruckend, aber RAGE hat große Mühe, diese Qualität über die gesamten 9 – 10 Stunden der Kampagne aufrechtzuerhalten. Die Welt wirkt riesig, aber aufgrund von ids neuer Technologie gibt es einen beachtlichen Unterschied in der Qualität der Texturen – wenn sich nichts bewegt, ist das Ganze so schön wie eine (postapokalyptische) Photographie. Aber die Charaktere sind nicht sonderlich gut animiert – sie bewegen sich wie Objekte aus Plastik und nicht wie vielschichtige Lebewesen. Pop-in von Texturen ist allgegenwärtig und das Fehlen von dynamischem Licht verleiht dem Ganzen mitunter das Aussehen eines sehr schlecht bearbeiteten DVD-Covers. In einem Jahr voller visueller Höhepunkte bleibt RAGE hinter den Erwartungen. Die Konzentration auf 60 FPS hat nicht die erhofften Vorteile gebracht.

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Aber immerhin beginnt RAGE stark. Die melancholischen Töne der filmischen Eröffnungssequenz, die den Aufprall des Asteroiden zeigt, John Goodmans beruhigende Stimme, die uns ein wenig über die von Banditen beherrschten Ödlande der Zukunft erzählt, und eine scheinbar große, weite Welt, die darauf wartet, erkundet zu werden – all das bereitet die Bühne für eines der größten und wichtigsten Spiele des Jahres.

Dann erhält man den Auftrag, hinauszugehen und einige Typen zu töten, indem man durch das Gebiet fährt, das man gerade hinter sich gebracht hat. Ich wusste es zu diesem Zeitpunkt noch nicht, das dies ein Vorgeschmack auf den größten Teil des Gameplays von RAGE sein würde. RAGE wird durch eine kaskadierende Folge von Hol- und Bringmissionen zusammengehalten – zumindest teilweise. Sie werden von verschiedenen Bewohnern der Stadt aus verschiedensten Gründen an die unterschiedlichsten Orte des Ödlandes geschickt, um… irgendetwas zu tun.

Diese Erledigungen sind für das Spiel nicht wirklich wichtig. Die Interaktion mit Leuten zählt nicht zu den Schwerpunkten von RAGE. Sie stehen mehr oder weniger für immer an ein und derselben Stelle und warten darauf, dass Sie zu ihnen hingehen und ab und zu einen Knopf oder eine Taste drücken, um ihre Dialoge am Laufen zu halten. Die Story ist selbst für id-Verhältnisse dürftig und verlässt sich mehr auf eine „Fürchte die Regierung“-Atmosphäre als auf eine sinnvolle Entwicklung. Sie tauchen auf. Sie töten irgendwen, weil andere es so wollen, und diese stellen sich dann als die „richtigen“ Leute heraus. Es gibt keine Dialogbäume und keine Wahlmöglichkeiten.

Aber das macht nicht viel aus, denn schließlich ist alles nur ein Vorwand, um auf irgendetwas zu schießen. Schießen ist der Existenzgrund von RAGE. Sicher, in RAGE kann man auch herumfahren. Es gibt Situationen, in denen Sie Rennen bestreiten müssen, um den Fortgang der Story „freizuschalten“. Es gibt auch Nebenmissionen, und zwar Kurieraufträge (die ich in ungefähr 10 Minuten absolvierte - und zwar alle zusammengenommen). Aber die Fahrzeuge wollen mit der Welt, in der sie sich befinden, nicht so recht zusammenpassen, weshalb die Abschnitte, in denen man fährt, wie Füller zwischen den Schießereien wirken.

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Zunächst wirken diese Schießereien wie klassisches id-Material: nicht gerade hochwissenschaftlich, aber unterhaltsam. Eine Weile macht es Spaß, aber es entwickelt sich nicht weiter. Selbst mit neuen Waffen ändert sich wenig: entweder greift man wild um sich schießend an oder man lässt Kanonenfutter und eine bossartige Kreatur auf sich zukommen. In RAGE ist auch die Balance zwischen dem Schaden, den der Spielcharakter mit seinen Waffen anrichten kann, und den Feinden, mit denen er es zu tun bekommt, nicht wirklich gelungen, was bizarr ist, da id in den Doom- und Quake-Spielen sehr effektive Waffen zur Verfügung stellte. Die Schusswaffen richten nie großen Schaden an. Auch wenn man später andere Waffen und bessere Munition findet, begegnet man immer wieder Feinden, die man kaum ausschalten kann, da sie einfach zu schnell sind. Das ändert sich erst ganz zum Schluss.

Das Fehlen eines herkömmlichen Multiplayer sagt alles über das Schießen in RAGE aus – es funktioniert nicht so recht und die Steuerung spricht nicht annähernd so gut an, wie man angesichts von RAGEs Fokussierung auf 60 Frames pro Sekunde erwarten würde. Die Kämpfe mit Fahrzeugen, die teilweise wirken, als hätte man sie schnell hintennach eingebaut, füllen diese kompetitive Nische. Co-op ist auf kurze Szenarien beschränkt, die leider unter demselben langweiligen Leveldesign leiden wie die Hauptkampagne. Es ist keine Farce, ein A-nach-B-Shooter zu sein, aber taktische Überlegungen spielen im Hauptspiel keine Rolle, weshalb die Schießereien manchmal eher zur Plackerei werden.

Das Spiel ist aber nicht immer so frustrierend. Wenn die Feindbegegnungen mitunter zu Mutanten-Tötungsexpeditionen ausarten, kann RAGE richtig Spaß machen. Zwar sind die verschiedenen Feindtypen im Spiel allesamt nicht sonderlich intelligent, doch die Mutanten verzichten auf jede Art von Geplänkel und attackieren fast immer direkt, in großer Zahl und aus jeder Fels- und anderen Öffnung heraus. In diesen Momenten wirkt das Schießeisen wie die rechte Hand eines (nichtkonfessionellen) Gottes, während man links und rechts Mutanten umnietet und einen Eindruck davon gewinnt, was RAGE hätte sein können (und müssen). Und dann gibt es da noch den Windstick, dessen Gebrauch viel Spaß macht, sobald man den Trick heraus hat, aber er ist oft unpraktisch und außerdem sehr teuer.

Zum Glück gibt man das meiste Geld für Munition aus, denn das „Beute“system von RAGE ist sehr dürftig. Man sammelt im Ödland Müll auf, den man den Händlern verkauft, die einen… Munition und Verpflegung kaufen lassen. Gelegentlich kann man Upgrades für die Rüstung kaufen und ab und zu ein paar Waffenverbesserungen, aber die sind praktisch bedeutungslos. Außerdem kann man Gegenstände für den einmaligen Gebrauch herstellen, obwohl man das, was man da tut, nicht wirklich als Herstellen bezeichnen kann – es hat nichts Dauerhaftes an sich, obwohl das System dafür vorhanden wäre.

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Das Spiel ist insgesamt zu kurz geraten – für das erste Durchspielen, bei dem ich auch alle Nebenmissionen erledigte, benötigte ich ziemlich genau 9 Stunden und 20 Minuten. Beim zweiten Mal benötigte ich 8 Stunden und 50 Minuten, wobei ich sämtliche Nebenmissionen, Arbeitsaufträge, Kuriermissionen und Rennen absolvierte. RAGE endet so abrupt, dass ich erst bemerkte, dass es zu Ende war, als die abschließende filmische Sequenz begann. Ich fragte mich, was da passiert war.

Und das ist das Problem. Die Aspekte von RAGE, die zunächst interessant und anders wirken, entwickeln sich nicht weiter. Die Reaktionen der Feinde, das Klammern, das Betteln um ihr Leben, all das wird im Laufe des Spiels so oft wiederholt, dass es jeden Effekt und jede Bedeutung verliert. Die Stadt, die zunächst eine große, vom Asteroiden verwüstete Welt verheißt, deint letztlich nur als Fassade für einige Hol- und Bringmissionen, die die schmalsten und am klarsten vorgegebenen Shooter-Levels entlangführen, die man diesseits der Call of Duty-Titel finden kann. RAGE ist zeitweise sehr hübsch, aber das reicht nicht aus, die Wahrheit zu verbergen: ids Werk wirkt wie das Gerüst für ein Spiel voller kühner Ideen, Ideen, die aus irgendeinem Grund nicht vorhanden waren oder nicht umgesetzt wurden. Und das, was da ist, ist einfach zu wenig, um mit anderen, besseren Shootern konkurrieren zu können, die wir heuer schon erleben durften.

PRO: Exzellente feindliche AI; sehr detaillierte Umgebungen; solide Sprecher. Alles, was mit Fahrzeugen zu tun hat, wurde toll umgesetzt. Die Online-Renn-Modi machen viel Spaß.

CONTRA: Sehr uneinheitliche Texturen; Balanceprobleme bei den Kämpfen; einige Glitches können die Schießereien massiv beeinflussen; enttäuschendes, sehr überraschendes Ende.

Abschließende Bewertung

Spiel: 6,25

Spaßfaktor: 6,00

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