Das Neueste

Mass Effect 3 (Multiplayer) - Der Spaß und Spiele Test

 

mass effect 3 multiplayer review 01

Nach der Einzelspielerkampagne widme ich mich nun dem ein wenig kontroversen „Vier Spieler gegen AI gesteuerte Feindeswellen“ Co-op-Multiplayer, den ich in den letzten Tagen wohl zu intensiv gespielt habe, denn ich habe mehrere Charaktere auf Level 20 gebracht und mich immer wieder zu Recht darüber aufgeregt, dass ich Pistolen freischalte und nicht Scharfschützengewehre. Lassen Sie mich erklären.

Ich lag da, sterbend und erzürnt. Mein letzter noch lebender Teamkamerad, ein salarianischer Infiltrator, stand direkt neben mir. Tatsächlich ist dies eine Lüge, die meine Erniedrigung kaschieren soll – er stand direkt auf mir und zerstampfte mit seinen Füßen mein Gesicht, während er wie wild auf einen Cerberus Centurion schoss, der sich hinter einer nahen Wand versteckte. Er hätte nur einige Sekunden lang einen Button drücken müssen und ich wäre wieder in der Lage gewesen, an seiner Seite zu kämpfen und mit ihm zusammen das süße Gefühl des Sieges zu verspüren. Ich hatte vergessen, für dieses Match mein Mikro anzuschließen, weshalb ich ihn nicht anschreien und anbetteln konnte. Dennoch war das, was er tun sollte, mehr als offensichtlich – aber er tat es nicht. Die Sekunden verrannen. Mein Blut floss davon.

Endlich konnte er den Centurion erledigen. Noch blieben kostbare Momente, mir das Leben zu retten. Nun würde mir dieser froschgesichtige Waffenbruder sicher helfen. Er sah mich nicht einmal an. Er lief weiter. Momente später hauchte ich wütend mein quarianisches Leben aus. Das Letzte, was ich sah, war eine Phantom Meuchelmörderin, die den Salarianer eiskalt mit ihrer Klinge aufschlitzte. Das bedeutete, dass diese Mission verloren war. Ich hätte ihn vor diesem Ende bewahren können. Warum half er mir nicht? Warum nahm er sich selbst die Chance auf den Sieg? Dieser Kampf war doch kooperativ: Wir hätten alles gewinnen – und nichts verlieren – können, indem wir einander halfen. Als sich meine Wut ein wenig gelegt hatte, fielen mir zwei gute Gründe für sein bizarres und tödliches Verhalten ein.

1.) Der Typ war einfach ein ruhmsüchtiges Arschloch. Damit wäre alles erklärt, auch wenn es bei mir einen bitteren Nachgeschmack hinterließ. Also 2.) Das ist Mass Effect. In Mass Effect können Sie sich dafür entscheiden, ein Renegade zu sein, ein böser Bub/ein böses Mädchen, ein(e) Egoist(in)m der (die) nicht gut mit anderen zusammenarbeitet und sich das Recht herausnimmt, jeden zu exekutieren oder zu opfern, der seinem (ihrem) persönlichen Kreuzzug im Wege steht. Noch immer ein Arschloch – aber ein Arschloch mit einem Ziel vor Augen. Als ich das erkannte, konnte ich das desaströse Kampfdebakel leichter ertragen. Aber es brachte auch den Renegade in mir zum Vorschein. Ich notierte mir den Namen dieses glotzäugigen Bastards. Sollte ich ihm je wieder begegnen, werde ich so kooperativ sein wie ein ausgehungerter Grizzlybär.

mass effect 3 multiplayer review 02

Die wirklich bedeutende Erkenntnis dieses stummen Kampfes mit einem anonymen Mitspieler war, dass es mir nicht gleichgültig war. Ich hatte erwartet, dass der Multiplayer von Mass Effect 3 nur ein zynisches Anhängsel sein würde, das nur existiert, um auf der Hülle angeführt zu werden, und eine Anti-Eintausch- und Anti-Piraterie Maßnahme und eine weitere Möglichkeit für DLCs ist. Natürlich ist er auch all das. Im Zeitalter der auf Belohnungen basierenden Multiplayer muss wohl nicht extra erwähnt werden, dass ich mich vor allem deshalb für die Co-op-Missionen interessierte, weil ich an die Upgrades und Unlocks herankommen wollte (von denen es dutzende gibt). Aber ich möchte auch gewinnen. Ich möchte die Missionen nicht nur abschließen, nicht nur lange genug überleben, um alle Erfahrungspunkte und das Geld zu bekommen, ich möchte sie gewinnen. Den Feind besiegen. Ein echter Held sein. Großtaten vollbringen, mit anderen zusammenarbeiten, um riesige Cerberus Mechs in die knie zu zwingen oder diese wandelnden Metallwände, die man gemeinhin Geth Primes nennt, oder die immer furchteinflößenden Reaper Banshees.

Irgendwo ist Commander Shepard unterwegs, um mystische Artefakte zu finden, Aliens ins Bett zu kriegen und alle bekannten Spezies dazu zu bringen, gemeinsam „Kumbaya“ zu singen, aber das hier ist der echte Kampf: mit beiden Stiefeln fest am Boden, verschiedene Rassen, aber mit gemeinsamem Ziel, keine magischen Spielereien. Dies sind epische Überlebenskämpfe angesichts immer schlechter werdender Chancen, nicht die mitunter mühsamen vorgeschriebenen Kämpfe der Einzelspielerkampagne von Mass Effect 3.

mass effect 3 multiplayer review 03

Dieses Gefühl hält nicht lange an. Es gibt zu wenige Karten, die Abwechslung an Herausforderungen und Feinden ist überschaubar, weshalb das Freischalten neuer Waffen und Charaktere bald zum Hauptgrund für das Weiterspielen wird. Ich denke, hier wurde eine Gelegenheit versäumt, unter Ausnützung der in der Story von Mass Effect fest verankerten Reaper Indoktrination dafür zu sorgen, dass man auch gegen Turianer, Krogan, Asari, etc. kämpfen kann, anstatt immer nur mit Cerberus, Geth, Reapers konfrontiert zu werden. Aber dann hätte man für den Multiplayer nicht einfach die Einheiten aus dem Einzelplayer recyceln und die Herausforderung dadurch erhöhen können, dass man sie mit wesentlich mehr Trefferpunkten ausstattet. Zunächst beklagte ich mich darüber, dass es hier viel schwerer ist, einen Geth Prime auszuschalten, als im Singleplayer. Keine Beständigkeit!

Dann erinnerte ich mich dran, dass ich nicht mehr Commander Shepard war. Der legendäre Shepard, Retter der Galaxie, Zerstörer von Welten, all der epische Jazz. Nein, ich war nur mehr ein einfacher Soldat, ein entbehrlicher Landser. Selbstverständlich würde ich einen Geth Prime nicht allein ausschalten können.

Nun ja, zumindest nicht ohne einen der einmal verwendbaren Raketenwerfer, die man kaufen kann. Aber nicht direkt. Stattdessen gibt man sein Im-Spiel-Geld für „Packs“ aus, also für Taschen, die zufällige Gegenstände beinhalten, wie man es von Sammelkarten gewöhnt ist. Abhängig davon, wie viel Geld man investieren kann, variieren die Chancen, etwas Tolles wie einen neuen Charakter (man beginnt immer mit Menschen), eine Waffe oder ein Waffenupgrade (jede Waffe kann bis auf Level 10 verbessert werden) zu erhalten. Meistens jedoch bekommt man nur Dinge, die man einmal verwenden kann, etwa Medigels für sofortige Heilung/Auferstehung, den Raketenwerfer, mit dem man alles und jedes töten kann, oder Munition und Packs, mit denen man die Schilde aufladen kann. Da diese Gegenstände Matches entscheiden können, werden Sie sorgfältig und fast ängstlich gehütet und nur eingesetzt, wenn es gar nicht anders geht. Da man sie nicht direkt erwerben kann, wirkt ihr Einsatz auch nicht wie ein Cheat. Es ist vielmehr eine große Erleichterung, wenn jemand den Raketenwerfer auspackt, während etliche Geth Primes auf das Team niederfahren. Sie wissen, dass es dem anderen nicht leicht fällt und dass Ihnen das nur einige Momente Atempause verschafft. Machen Sie das Beste daraus.

mass effect 3 multiplayer review 04

(Oh, ich sollte darauf hinweisen, dass Sie Credits auch für reales Geld erwerben können, falls Sie auf schnellem Wege zu besseren Packs kommen möchten. Das mag zwar ein schamloser Versuch von EA sein, zu mehr Geld zu kommen, aber wenn Sie sich auf darauf einlassen, sind Sie ein fauler Idiot. Sie können in einigen wenigen Matches genug verdienen, um sich eines der besten Spectre Packs leisten zu können, sofern Sie auf Schwierigkeitsstufe Silber oder Gold spielen und halbwegs gute Figur machen. Schwierigkeitsgrad Bronze ist ohnehin nur etwas für Deppen.)

Was mir am Multiplayer von Mass Effect 3 den größten Spaß macht, ist etwas, auf das man in den Einzelspielerkampagnen der Mass Effect-Reihe leider verzichten musste – nämlich in die Rolle eines Kämpfers einer der außerirdischen Rassen zu schlüpfen, anstatt immer nur als menschlicher Shepard herumzustapfen. Krogan, Turian, Salarian, Quarian, Drell, Asari – alle menschenähnlich und deshalb nicht viel anders zu spielen als die virtuellen Menschen, aber sie bewegen sich anders, haben Stimmen, die an die beliebten Charaktere der Einzelspielerkampagne erinnern und verfügen über speziesspezifische Kräfte. Sicher, es gibt nicht die Möglichkeit, wirklich in eine Rolle zu schlüpfen und Aufträge zu erfüllen, aber ich war freudig überrascht, als ich bemerkte, dass ich einen Krogan Soldaten, dann einen Drell Vanguard und, meinen derzeitigen Favoriten, einen Quarian Infiltrator freigeschaltet hatte.

In ME2 und ME3 hat man nie das Gefühl, sonderliche Fähigkeiten zur Verfügung gestellt zu bekommen, mit denen man spielen könnte, da sich das Ganze im Wesentlichen auf Anti-Rüstung- und Anti-Schild-Power sowie Granaten reduziert, aber im Co-op-Multiplayer erhält man nach und nach Zugang zu eiern Vielzahl von biotischen und Tech-Fähigkeiten, wodurch taktische und explosive Gefechte möglich werden. Außerdem wird hier im Gegensatz zu Shepard selbstmordartiger Einstellung, immer nur mit maximal zwei Kameraden in den Kampf zu ziehen, selbst wenn die Existenz der Galaxie auf dem Spiel steht, das Team auf vier Mitglieder erweitert. Man sollte gar nicht glauben, was das im Hinblick auf die Größe der Kämpfe für einen Unterschied macht.

mass effect 3 multiplayer review 05

Ich habe leider noch immer keinen Salarian freigeschaltet, was bedeutet, dass ich noch darauf warten muss, so zu tun, als wäre ich mein liebster ME-Charakter, der seltsam sprechende Wissenschafter Mordin, weshalb ich den ME3-Multiplayer weiterspielen werde, bis ich das endlich erreicht habe. Aber nach drei oder vier Tagen aufregender Kämpfe, tragischer Niederlagen und heroischer Siege, habe ich das Gefühl, alles mehr als zur Genüge gesehen zu haben. Es ist eine nette Ergänzung des ME3-Gesamptpakets, aber ich glaube nicht, dass der Multiplayer längerfristig relevant bleiben wird – außer BioWare gelingt mit den geplanten DLC etwas ganz Außergewöhnliches.

Der Multiplayer trägt auch zur Galactic Readiness der Einzelspielerkampagne bei, wenn auch nicht in allzu großem Umfang – es dauert nicht lange, hier das Maximum zu erreichen (aber seltsamerweise nimmt der Wert wieder ab, wenn man länger nicht spielt). Egal wie gut oder schlecht Sie im Multiplayer abschneiden, es hat keine großen Auswirkungen auf das Ende der Kampagne. Falls Sie jedoch entschlossen sind, Galactic Readiness/Effective Military Strength (galaktische Bereitschaft/effektive militärische Stärke) auf den Maximalwert zu bringen, ist der Multiplayer eine wesentlich unterhaltsamere Möglichkeit, dies zu erreichen, als das eher langweilige Planetenscannen-Minispiel. Das ganze Konzept ist jedoch ein Fehlgriff. Es wäre viel besser und nachvollziehbarer durch echte Missionen zu erreichen gewesen als durch diese Jagd nach Zahlen. Zum Glück mindert dieses zynische Metaspiel den Wert des Co-op-Multiplayer in keinster Weise.

mass effect 3 multiplayer review 06

Mit anderen Worten – wenn Sie aus irgendeinem Grund einen Bogen um den Co-op-Modus gemacht haben, vertzichten Sie auf einige unterhaltsame Stunden und eine Spielerfahrung, die Mass Effects Konzept einer losen Allianz intergalaktischer Rassen, die gegen gut organisierte Eindringlinge kämpft, eher entspricht als die „einsamer Held gegen mystische Raumschiffe“ Story von Mass Effect 3. Im Grunde bietet der Multiplayer eine verbesserte Version des Kampfes von ME3, wobei auf filmische Zwischensequenzen und vorgeschriebene Momente verzichtet, dafür aber das Risiko erhöht wird. Das Ganze bietet zu wenig Abwechslung, als dass es als Grund für den Kauf des Spiels dienen könnte, wenn einen die Einzelspielerkampagne nicht interessiert, aber man kann sicher eine Woche Science-Fiction-Action genießen, ehe es langweilig wird.

PRO: Man kann Kämpfer verschiedener Rassen spielen; interessante Waffen und Upgrades.

CONTRA: Zu wenig Abwechslung bei den Feinden; zu wenige Karten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Spass und Spiele Designed by Templateism.com Copyright © 2016 |

2013 - 2016 Spass und Spiele. Designbilder von Bim. Powered by Blogger.