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SOPHIE: Oil of Every Pearl's Un-Insides (Albumkritik)

 

sophie electronic music artist 01

 

SOPHIE: Oil of Every Pearl's Un-Insides (Transgressive)

 

 

Sophie ist auf derselben Straße aus gepresstem Plastik unterwegs wie die Pop-Provokateure PC Music. Sie tauchte 2013 mit Tracks, die so glänzend, künstlich und unverschämt vergnüglich waren wie die Plastikwasserrutschen auf ihrem Cover: sie taumelten herum, man konnte die Verbindungen zwischen den einzelnen Abschnitten förmlich spüren und ernsthafte Leute weigerten sich, sich ihnen auch nur zu nähern. Die Künstlerin war, da noch nicht bereit, sich als Transfrau zu erkennen zu geben, eine schemenhafte Figur, die engagiert wurde, um mit Madonna, Charli XCX und Vince Staples zusammenzuarbeiten, ehe sie sich Anfang 2018 mit „It's Okay to Cry“, der ersten Single dieses ersten richtigen Albums wieder persönlich meldete.

 

Dieser Vorbote ist, wie fast alle der hier versammelten Tracks, extrem stark und stellt eine Vertiefung ihrer ohnehin schon einzigartigen Ästhetik dar. Sie setzt erstmals ihre eigene ruhige, aber entschlossen Stimme ein, die in Verbindung mit dem Umstand, dass auf nachdrückliche Beats verzichtet wurde, dafür sorgt, dass dieser Song fast ein Trance-Track ist – ein brillanter Trick, der auf „Is It Cold in the Water“ mit noch dramatischerer Wirkung wiederholt wird, wobei sich das Gefühl einstellt, hier würden Teile eines Songs losgelöst in ekstatischer Trägheit schweben. Er geht in die Power-Ballade „Infatuation“ über, die eine Kathedrale füllen könnte und ein gewichtiger, trauriger Track ist, der durch ihre typischen Ausschmückungen – quietschende Sirenen, dringliches Flüstern- davor bewahrt wird, in Trübsal zu versinken.

 

Ihre andere Methode, sich auszudrücken, ist diejenige, die sie auf frühen Tracks wie „Hard“ anwandte: mechanistische Dance-Tracks, die so sexuell, tough und wasserabweisend sind wie die Prostata-Masagegeräte, die sie einst als Fanartikel verkaufte. Doch während diese Tracks früher blechern waren, sind sie hier imposant, wie mit Steroiden aufgepumpt, vergoldet mit Verzerrungen und von industriellem Gewicht. „Ponyboy“, „Faceshopping“ und das Aladdin zitierende „Whole New World/Pretend World“, die rund um eingängige Liedchen aufgebaut sind, die man beim Seilspringen mit Dominas singen könnte, sind beeindruckend frech und maskulin. „Pretending“ ist weniger erfolgreich – ein getragenes Ambient-Stück im Stil von Tim Hecker, in dem ihre sehr typischen Klänge im Hall verlorengehen -, aber dieser Track leitet in den größten Popmoment des Albums über, das grandiose „Immaterial“, bei dem all die latenten J-Pop-Vibes in einer Pachinko-Kakophonie in atemberaubendem Tempo in den Vordergrund drängen.

 

Trotz der Fortschritte bei der Software begnügen sich so viele Produzenten elektronischer Musik damit, in Nostalgie einzutauchen oder sich auf eine sichere, komprimierte emotionale Bandbreite zu beschränken; Sophie hat einen wirklich originellen Sound geschaffen und nutzt ihn, um Extreme des Schreckens, der Trauer und des Vergnügens auszuloten.

 

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